: Kein Stadion, kein Geld, keine Fans
■ Der FC St. Pauli kämpft ums Überleben im Profi-Fußball. Start in die neue Saison mit dem geringsten Etat seit 13 Jahren
Für den FC St. Pauli geht es in der kommenden Saison der 2. Fußball-Bundesliga ab 12. August um das nackte Überleben. Mit dem geringsten Etat aller Zweitligisten soll der Klassenerhalt trotzdem geschafft werden. Wegen der wirtschaftlichen Zwänge des mit annähernd sieben Millionen Mark verschuldeten Vereins wurde der Etat deutlich reduziert. Lediglich 6,5 Millionen Mark, so wenig wie seit 13 Jahren nicht mehr, stehen zur Verfügung. Für die neun Neuzugänge durfte Trainer Dietmar Demuth gerade einmal 100.000 Mark ausgegeben. „Für uns kann es nur um den Nichtabstieg gehen“, sagte Demuth, der vorgestern als letzten Neuling den iranischen Nationalspieler Ali Reza Mansourian (28) ablösefrei verpflichtet hat.
Mansourian, der 1998 bei der Weltmeisterschaft zwei Mal eingewechselt wurde, kann Demuth im Abstiegskampf helfen. „Er ist ein offensiver Mittelfeldspieler, der technisch alles kann und gut zu uns passt“, sagte der Trainer. Mit rund 400.000 Mark Jahresgehalt ist Mansourian der teuerste St.-Pauli-Profi.
Für Turbulenzen haben die Wechselgerüchte um Stürmer Ivan Klasnic (20) zu Werder Bremen gesorgt. „Es hat Gespräche gegeben. Wir haben besprochen, dass wir Klasnic nicht unter zwei Millionen Mark Ablöse plus Stürmer Sören Seidel abgeben werden“, nannte FC-Vizepräsident Reenald Koch erstmals die Bedingungen. „Bislang haben wir von Werder jedoch nichts mehr gehört“, fügte Manager Stephan Beutel hinzu. Trainer Dietmar Demuth würde Klasnic sogar ziehen lassen: „Sportlich würden wir ihn gern behalten, ich muss aber auch den wirtschaftlichen Aspekt sehen.“
In dieser Woche holen sich die Hamburger noch den nötigen Feinschliff im Trainingslager im schleswig-holsteinischen Trappenkamp. „Wir werden eine Woche lang hart arbeiten und auch das Zusammengehörigkeitsgefühl forcieren“, sagt Demuth.
Angesichts der schwachen vorigen Saison – erst in der letzten Spielminute am letzten Spieltag am 26. Mai wurde beim 1:1 gegen RW Oberhausen der Klassenerhalt gesichert – hat das Interesse der Fans am FC St. Pauli stark nachgelassen. Während vor der Erstligasaison 1995/96 noch 14.200 Dauerkarten abgesetzt wurden, sind es für die kommende Spielzeit bislang gerade einmal 4900 Saisontickets. Möglicher Grund: In der Saison 1999/2000 schaffte die Elf in 17 Heimspielen nur 15 Tore und gewann am Millerntor nur vier Mal.
Auch in Sachen Stadionneubau sieht es nicht ganz so rosig aus. Seit Jahren will Präsident Heinz Weisener (72) für rund 120 Millionen Mark ein neues Stadion bauen. Zuletzt wurde über den Neubau der Haupttribüne mit 6000 Plätzen und Logen für 45 Millionen Mark diskutiert. „Der Stand der Dinge ist, dass gar nichts in Sachen Stadion steht. Keine Finanzierung, gar nichts“, sagte Koch.
Edgar Wieschendorf
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