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„Kein Segelurlaub“

■ Uni-Tagung gegen „Bildungs-Roll-Back“

Vor einem Jahr, als die Planung für die Fachtagung „Weiterbildung und Sport“ an der Bremer Uni begann, war noch alles in Butter. Ein Jahr später, mitten in der Rezession, stehen die Weiterbilder mit dem Rücken zur Wand und wehren sich gegen den Vorwurf, ihre Arbeit sei nicht „effektiv“ genug. Das aber sei sie allemal, meinte am Samstag zum Abschluß der Tagung Günter Holzapfel vom Bildungswerk des Landessportbundes Bremen und Professor beim Studiengang Weiterbildung an der Uni. Denn Sport als Weiterbildung sei nicht der ruhige Segelkurs, sondern erschließe den Beschäftigten durch einen „neuen, weiten Sportbegriff“ neue Lernmethoden. „Wir wollen, daß die Leute mit allen Sinnen lernen, daß sie Umwege machen und über Denkanstöße stolpern.“

„Das ist kein input-output-Lernen, und deshalb sind Erfolge so schwer zu messen“, meinte Holzapfel. Weiterbildung werde momentan nur als direkt verwertbare Qualifikation für den Berufsalltag verstanden: „Computerkurse als Weiterbildung werden finanziert, das ist kein Problem.“ Aber statt des alten Frontalunterrichts wollen die Sportler den Wissensdurstigen Zusammenhänge auch durch Bewegung nahebringen: „Wenn wir übers Waldsterben reden, dann laufen wir mit den Leuten auf den Brocken, wo sie es selber sehen können.“ So erworbenes Wissen, meinte Holzapfel, sei aktiv und rege zum Weiterdenken und zur Weiterbildung auch nach Ende des Bildungsurlaub an. Die Beschäftigten kehrten mit größerer Motivatuion an die Arbeit zurück und würden seltener krank.

Diese Art der Effektivität haben die Wissenschaftler bereits vor zwanzig Jahren belegt, meinten sie. Doch in Zeiten der leeren Kassen würden die Arbeitgeber, die den Bildungsurlaub auch bei guter Konjunkturlage nur toleriert hätten, an diesem Ast herumsägen. „Sie suchen sich das schwächste Glied in der Kette, um so den gesamten Bildungsurlaub mit einer Salamitaktik abzuschaffen“, meinte Holzapfel. Die Tagung „Weiterbildung und Sport“ wollen sie daher auch als Zeichen gegen das „bildungspolitische Roll-Back“ verstehen: „Wir verteidigen das Bürgerrecht auf Weiterbildung“. bpo

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