: Kein Rost am alten Eisen
■ Pensionierte Handwerker machen mobil für das Lob im Rentenalter
„Ach, ich dachte Sie kommen von der Bank und bringen uns Geld“, witzelt Günter Blank. Noch hat der ehemalige Klöckneraner den Glauben an das Gute in der Welt nicht aufgegeben – und das, wo er schon 64 ist, nahe an der Grenze zum alten Eisen. Diese Grenze hatte Günter Blank durchaus schmerzhaft zu spüren bekommen, seit er sich selbst für die frühzeitige Pensionierung entschied: „Früher war ich erfolgreich“, sagt er. „Aber seit der Pensionierung lobt mich niemand mehr für meine gute Arbeit.“ Damit soll jetzt Schluß sein: Mit einer neugegründeten Senioreninitiative in der Waller Begegnungsstätte Am Haferkamp wollen die „Contra-Rost-Männer“ nicht nur dem roten Brösel an fremden Eisengittern zu Leibe rücken. Vor allem soll das eigene Rosten verhindert werden.
Arbeit heißt das Elixier, das ihnen helfen soll – und anderen gleich mit. Denn „Contra-Rost“, die handwerkliche Seniorentruppe, will das Fachwissen, das ihre einzelnen Mitglieder über lange Berufsjahre erworben haben, überwiegend Bedürftigen angedeihen lassen. „Wenn der Wasserhahn tropft, kostet alleine die Anfahrt eines Handwerkers 60 Mark und das Ersatzteil 30 Pfennige“, weiß der Hobbybastler Blank. Und auch, daß viele das nicht bezahlen können und deshalb die Hähne tropfen und tropfen. „Dabei könnte man das schnell und einfach beheben.“ Wenn man nur weiß, wie – und das wissen die Senioren.
Nachfragen für ihr Angebot, sozialen Einrichtungen teure Reparaturen zu ersparen, liegen bei den InitiatorInnen der Gruppe schon vor. Aber noch ist nicht alles amtlich: Die Handwerkskammer beispielsweise muß die Idee noch absegnen. Und auch an begabten Tüftlern – oder gar pesionierten Handwerkern und Meistern – fehlt es noch.
Interessierte zu erreichen ist nämlich gar nicht so einfach: Die Langeweile-Kurve, die sich bis zur Selbstwertkrise auswachsen kann, beginnt meist erst Monate nach der Pensionierung. „Dann ist der erste lange Urlaub gemacht und alles abgearbeitet“. Auch das letzte Schräubchen im Haus ist festgezurrt und die zeit wird lang. Denn trotz Ruhestand wachen Rentner meist noch ein bis zwei Jahre zur gewohnten Zeit auf. Für den ehemaligen Elektromeister Donald Gehrken aus Huchting hieß das beispielsweise, daß er jeden Morgen um vier Uhr senkrecht stand: „Dann sind die zwei Stunden bis um sechs Uhr länger als die ganze Nacht. Das Schlimmste ist, daß die Birne dabei rotiert“. Weil er über Nacht zum unfreiwilligen Pensionär wurde, ein Herzanfall warf ihn aus der Bahn, sieht er in der Rost-Männer-Initiative eine gute Chance, sich langsam auf das neue Leben umzustellen. Zwar steckt die Initiative noch in den Kinderschuhen, aber es gibt ein Vorbild: „In Berlin arbeiten schon über 50 Aktive in einem ähnlichen Projekt.“
ede
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