: Kein Reinheitsgebot bei den Jungsozialisten
■ SPD-Nachwuchspolitiker in Treptow finden Gefallen an konservativen Tönen
Krach innerhalb der Jungsozialisten (Jusos): Die Konservativen gehen auf die Barrikaden. Für Streit sorgt eine Umbenennung, die vor einigen Wochen als erster Stadtbezirk die Nachwuchspolitiker der SPD in Treptow vornahmen. Ihr neues Firmenschild „Junge Sozialdemokraten in der SPD Treptow“ mußten sie nach erheblichem Druck – selbst Landesgeschäftsführer Rudolf Hartung schaltete sich ein – kürzlich wieder zurückziehen. Nun firmieren die renitenten Ostberliner unter dem Doppelnamen „Jusos/Junge Sozialdemokraten“. SPD-Bundesgeschäftsführer Günter Verheugen hatte bereits im November 1993 in einem Rundschreiben allen Parteigliederungen den Gebrauch des Namens „Junge Sozialdemokraten“ untersagt. Mittlerweile schlägt die Bonner SPD-Zentrale in dem Konflikt, der auch in anderen Bundesländern ausgetragen wird, sanftere Töne an. Wenn hinter der offiziellen Bezeichnung auch der Name „Junge Sozialdemokraten“ geführt werde, habe er nichts mehr einzuwenden, so Verheugen am 21. Februar in einem Brief an die Jusos im Unterbezirk Würzburg-Land. Diese gelten als Vorreiter in der parteiinternen Auseinandersetzung. Das Verheugen-Schreiben interpretieren die Jungen Sozialdemokraten in Berlin nun als Rückenstärkung, wie Dirk Sielmann (29), einer ihrer führenden Vertreter aus Westberlin, meint: „Für uns ist das ein Einverständnis der Parteispitze, daß wir unsere Positionen nun auch im Titel akzentuieren dürfen.“ Nach wie vor sind die Konservativen eine Minderheit innerhalb des Juso-Landesverbandes (4.500 Mitglieder, davon 500 im Ostteil der Stadt). Programmatisch könnten die Gräben zwischen Linken und Rechten nicht tiefer sein. So bejahen die Jungen Sozialdemokraten UNO-Kampfeinsätze, lehnen grundsätzliche Veränderungen in der Gesellschafts- und Wirtschaftspolitik ab. Während der Berliner Landesvorsitzende Martin Krug eine „sachlich-faire“ Auseinandersetzung mit der PDS fordert, will Jörn Fehrmann vom Juso-Kreisverband Hohenschönhausen die „linkssozialistische Politik“ der SED-Nachfolger „ins endgültige Jenseits befördern“. Auch eine Auseinandersetzung mit „liberalen, wertkonservativen Gedanken“ müsse geführt werden. Zum rechten „Hofgeismarkreis der Jungsozialisten“ in Leipzig gehen die Jungen Sozialdemokraten auf Distanz. Dies sei „eine rückwärtsgewandte, nationalistische und völkische Politik, die mit den Grundsätzen der SPD nichts zu tun hat“, so Sielmann. Die Juso-Landesgeschäftsführerin Daniela Fiedler ist über den Doppelnamen der Jusos in Treptow zwar nicht glücklich, will den Streit aber beenden: „Was wir nicht gebrauchen können, ist ein Rückfall in alte Zeiten, in denen wir uns im internen Streit zerrieben haben.“ Man wolle sich nun mit den Positionen der Jungen Sozialdemokraten auseinandersetzen. Severin Weiland
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