Kein Platz für "MS Stubnitz": Hafen vertreibt Club-Schiff
„MS Stubnitz“ muss ihren Liegeplatz am Baakenhöft verlassen, denn die Hafenbehörde will den Platz als Kreuzfahrt-Anleger nutzen.
Zwischen Baustellen und Kränen liegt ein Schiff, das wie ein Relikt aus vergangener Zeit wirkt: Einst für den Fischfang in der DDR eingesetzt, wurde die „MS Stubnitz“ nach der Wende zur schwimmenden Kulturplattform umgebaut.
Alle paar Monate legt das Schiff in einem anderen Hafen in Nordeuropa an und lädt zu Konzerten und Partys ein. Seit Spätsommer liegt der Dampfer im Baakenhafen in der Hafencity vor Anker. Dort wollen die Betreiber auch langfristig bleiben – die Hafenverwaltung Hamburg Port Authority (HPA) hat jedoch andere Pläne.
Im Oktober läuft die Liegegenehmigung für die „MS Stubnitz“ ab. Die Hafenbehörde will die kulturelle Nutzung des Hafengebiets danach nicht länger dulden. „Bei einem Seehafen, der eine Funktion als Umschlagsplatz für Seegüter wahrnehmen soll und bei dem mit dem Seeschiffsverkehr Geld verdient werden soll, müssen solche Nutzungen grundsätzlich Vorrang haben“, sagt Sinje Pangritz, Sprecherin der Hafenbehörde.
Da das Schiff nur noch als Kultureinrichtung diene, falle es nicht mehr unter die im Seehafen zulässigen Nutzungen. Bisher dient der Liegeplatz vor allem als Anleger für Kreuzfahrtschiffe – allerdings nur einmal im Jahr am Hafengeburtstag. Eine Räumung des Platzes sei nun aber ohnehin notwendig, da der Kirchenpauerkai von der Hafencity ab Oktober 2014 saniert werde, sagt Pangritz.
1964 lief die „MS Stubnitz“ als Kühlschiff der DDR-Fischindustrie in Stralsund vom Stapel.
1992 baute ein Künstlerkollektiv das Schiff in einen Kulturdampfer um.
Träger sind die gemeinnützigen, im Heimathafen Rostock gegründeten Vereine Motorschiff Stubnitz und Rostocker Kulturschiff Stubnitz
Das Team um den Schweizer Urs Blaser arbeitet ehrenamtlich.
Mehr als 12 Länder und 20 Hafenstädte hat das Schiff bereist.
Dabei steht die „Stubnitz“ als maritimer Kulturstandort dem Hamburger Hafen gut zu Gesicht. Das gerade erst mit dem Titel „Spielstätte des Jahres“ auszeichnete Partyschiff gilt als legendäre Location für Bands und ist Ausdruck urbaner Subkultur: Die Betreiber setzen auf nicht kommerzielle Veranstaltungen und sind mit der lokalen Szene gut vernetzt. Der Club „Hafenklang“ und das Gängeviertel etwa feiern regelmäßig auf dem Schiff.
Der Bezirk Mitte versucht nun, die „MS Stubnitz“ zu halten. Die Kulturbehörde soll sich um einen Ausweichplatz kümmern. Doch die Suche stagniert seit Monaten: Mit seinen fünf Metern Tiefgang gehört das Schiff in den Seehafen. Ausweichplätze gibt es aber nur außerhalb des Hafengebiets, etwa in Bereichen, die der Hafen zugunsten der Stadtentwicklung aufgegeben hat.
Den Betreibern wiederum ist eine zentrale Anbindung wichtig. In dieser Hinsicht sei der Liegeplatz am Baakenhöft mit seiner direkten Anbindung an die U 4 am Bahnhof Hafencity-Universität ideal gewesen, sagt Urs Basler vom Team der „MS Stubnitz“.
Eine Alternative im Harburger Binnenhafen, neben dem Kulturkran, hatte das zuständige Bezirksamt bereits im April abgelehnt. Es verwies dabei auf Sicherheitsstandards: Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass das Schiff im angesprochenen Bereich auf Grund laufe.
Anbieten würde sich Informationen der Hafencity Zeitung zufolge auch eine Stelle auf der nördlichen Seite des Baakenhöfts, die nicht im Hoheitsbereich der Hafenbehörde liegt. Die ist jedoch verlandet und müsste wieder auf Tiefe gebracht werden. Das würde den Bezirk Mitte viel Geld kosten.
Einen Platz für die „MS Stubnitz“ zu finden, sei der Behörde wichtig: „Die ’MS Stubnitz‘ bietet ein vielfältiges und engagiertes Kulturprogramm – ganz Hamburg profitiert von diesem ausgezeichneten Veranstaltungsort“, findet Kulturbehörden-Sprecher Enno Isermann.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Juso-Chef über Bundestagswahlkampf
„Das ist unsere Bedingung“
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestellerautor will in den Bundestag
Nukleare Drohungen
Angst ist ein lautes Gefühl
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Eine ganz normale Woche in Deutschland