: Kein Palazzo Prozzo, eher Einkaufstempel
■ In einer Woche wird Bremens neue Markthalle eröffnet, in „die es nicht reinregnet“
Versprochen sind „fast schon vergessene Einkaufserlebnisse...“ Foto: J. Oberheide
Es ist nicht nur, daß sie, die Werbeagentur und die Herren Investoren, auf der Pressekonferenz ihr Projekt gut verkaufen. „Aus den Tiefen des ehemaligen Zentralbades“, dichtet der Pressetext, „taucht nun ein fast schon vergessenes, besinnliches Einkaufserlebnis wieder auf. Ein Ort, an dem man in aller Ruhe aussuchen und vergleichen kann, wo oft der Erzeuger selbst für Frische und Qualität garantiert, wo man getrost von Unbekanntem kosten darf und mit alten und neuen Bekannten über Gott und die Welt plaudert.“
Sie setzen auf den „Trend zum Erlebniseinkauf“, sagt Salomon Korn. Einkaufen soll in einer Zeit geschwundener Jenseitshoffnungen mehr sein als Waren-Raffen: Körperlichkeit, märchenhafte Sehnsüchte nach üppiger Fülle. Spekuliert wird auf die vielen Singlehaushalte, die neuerdings kochenden Männer auch, aber, so Investor Michael Ahrend, „wir wollen nicht die exklusive Schiene fahren“. Die Schickimickis dürfen kommen, aber nicht nur sie.
Es ist aber auch so, daß an der neuen Markthalle einfach einiges gelungen ist. Die weitläufige Eingangshalle, in der die Rolltreppen integriert sind in ein Gehäuse von Backsteintreppen, die sich bis zum Markthallencafe hochschwingen. Von da oben sieht man wie von einer Kapitänsbrücke runter bis ins Untergeschoß, den Maschinenraum, um im Bild zu bleiben - dort wird sich die Gastronomie tummeln - über die erste Etage - hier wird Frisches und Gewürziges an 50 Ständen verkauft werden - bis zu den silbernen Riesenschlangen, durch die die Luft abgezogen und erneuert wird, bis hoch hinauf zum Licht. „Zenitlicht“, sagt Salomon Korn dazu und hat selber „massiv eingegriffen“, daß ausgiebig Himmelslicht in die Halle fällt und daß man die Halle als Raum sieht. Was frau auch wirklich tut. „Keinen Einkaufstempel, kein palazzo prozzo“ wollte er, sondern einen Markt, in den es nicht hi neinregnet.
Außer der Markthalle, zu der sie das alte Zentralbad umgebaut haben, haben die Frankfurter noch ein Parkhaus (am Rövekamp) und ein Ärztehaus (am Richtweg) neugebaut. Letzteres war schnell vermietet, die Gastronomie im Markthallen-Basement auch, bei der Vermietung der Verkaufsstände für Frisches und Würziges gab es zwischendurch einen „Durchhänger“, inzwischen ist bis auf 15 Stände alles vermietet. An Einzelhändler aus Bremen, an ausländische auch, aber auch z.B. an eine belgische Filialbetriebskette. Ablehnungen hat man, wenn die Bonität nicht stimmte oder wenn ein Möbelgeschäft ins Gourmet -Paradies einziehen wollte. Ahrens: „Der Mietermix muß stimmen.“
Was es im einzelnen gibt, ist bei der Eröffnung am 4. April zu bestaunen. Über Europas längste Salattheke werden Maltzahns Vollwertprodukte geschoben. Korn: „Vollwert, nicht vegetarisch, darin sind die sehr eigen.“ Das Schild des Türken, bei dem Lamm-, Hammel- und Rind-, aber kein Schweinefleisch zu kaufen sein wird, hängt schon. Der französische Croissantbäcker hat noch Sorgen, wie er seine Öfen unterkriegt. Überhaupt wird noch allenthalben geschraubt und gesägt, aber die Basistechnik steht und am Eröffnungstermin in einer Woche wird nicht gewackelt.
U.S.
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