piwik no script img

Kein Nazitelefon mehr

■ Bundesanwaltschaft ermittelt gegen Mainzer Neonazis auch wegen Paragraph 129

Berlin (taz/AP) – Unter der Nummer des „Nationalen Infotelefons“ in Mainz meldet sich niemand mehr. Keine Stimme fordert die Kameraden auf, Namen, Adressen, Autokennzeichen und andere Daten von mißliebigen Personen zu nennen. Die Bundesanwaltschaft ermittelt seit gestern gegen den 20jährigen Sascha C., den Betreiber des Infotelefons und gegen Michael P., 21 Jahre alt. Sie hat den Verdacht, daß die beiden sowohl an Herstellung und Vertrieb des Einblicks beteiligt sind.

Weiter wird gegen die beiden wegen des Verdachts der Bildung einer kriminellen Vereinigung ermittelt. Sascha C. ist Mitglied der „Deutschen Nationalisten“, der Nachfolgeorganisation der verbotenen „Deutschen Alternative“ (DA). Michael P. stellte als ehemaliger DA-Chef dem Infotelefon sein Mainzer Postfach und den Faxanschluß zur Verfügung. Das bereits seit 1. Dezember laufende Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts einer kriminellen Vereinigung richtet sich auch gegen noch unbekannte Personen.

Gegen Sascha C. ermittelt die Staatsanwaltschaft in Koblenz bereits seit Juni wegen Verbreitens von Nazipropaganda. Oberstaatsanwalt Norbert Weise bestätigte gestern, daß seit dem 7. Juni Rechtsextremisten über das Infotelefon aufgefordert wurden, persönliche Daten und Fotos von politischen Gegnern zu sammeln und an eine Postfachadresse nach Mainz zu senden.

Ob die beiden Männer vorläufig festgenommen wurden oder in den Wohnungen Beweismaterial beschlagnahmt wurde, wollte die Karlsruher Behörde nicht sagen. Angaben über Razzien in anderen Städten wurden nicht bestätigt. Am Mittwochabend hatte das rheinland-pfälzische Innenministerium zugegeben, daß bereits am 8. Juni ein Tonbandmitschnitt des Ansagetextes des „Nationalen Infotelefons“ der Staatsanwaltschaft übergeben worden sei. Daraufhin sei durchsucht worden. roga

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen