: Kein NS-Unrecht
■ Das Londoner Schulden-Abkommen
Am 27.Februar 1953 wurde zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den USA, Großbritannien, Frankreich und 17 weiteren Staaten (Polen und die Sowjetunion waren nicht beteiligt) das Londoner Schulden-Abkommen vereinbart. Artikel3, Absatz5 des Abkommens lautet: „Eine Prüfung der aus dem 2.Weltkrieg herrührenden Forderungen von Staaten“ und „von Staatsangehörigen dieser Staaten ... wird bis zur endgültigen Regelung der Reparationsfrage zurückgestellt“. Damit hatte der westdeutsche Verhandlungsführer Hermann Josef Abs für die Bundesrepublik ausgehandelt, daß Individualentschädigungen für ausländische Zwangsarbeiter bis zum Abschluß eines Friedensvertrages zurückgestellt werden.
Das Londoner Abkommen wurde anschließend in innerstaatliches Recht transformiert. Auch Entschädigungsansprüche deutscher Zwangsarbeiter gegen Firmen wurden zu Reparationsforderungen erklärt, da die Firmen im „Auftrag des Reiches“ gehandelt hätten. Zwangsarbeit gilt deshalb nicht als NS-Unrecht. Für die finanzielle Entschädigung von NS-Unrecht ist das Bundesentschädigungsgesetz (BEG) zuständig.
1973 lehnt der Bundesgerichtshof die Klage eines Zwangsarbeiters auf Entschädigung unter Berufung auf das Londoner Abkommen ab. In der Urteilsbegründung interpretiert der BGH das Londoner Abkommen folgendermaßen:
„Das mit dem Abschluß des LondSchAbk. verfolgte Ziel der Wiederherstellung geordneter und normaler Wirtschaftsbeziehungen zum Ausland war nur zu erreichen, wenn eine Überforderung der deutschen Wirtschaft durch Zahlungen auf Kriegs- und Vorkriegsschulden verhindert wurde.“
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