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Kein Live-Auftritt für Hennemann

■ Untersuchungsausschuß einigt sich: Direktübertragung verboten

Wenn im Herbst der Vulkan-Untersuchungsausschuß seine Vernehmungen beginnt, dann werden die BremerInnen vergebens die Radioskala absuchen, und sie werden vergebens auf Bilder der Auftritte von Hennemann und Co. warten. Nach langer Diskussion hat sich der Untersuchungsausschuß in der vergangenen Woche auf einen Modus der Berichterstattung geeinigt, und der lautet: Live ist nicht. Die KollegInnen von den Radiostationen dürfen zwar die Sitzungen auf Tonband bannen, um sie hernach zu Berichten zusammenschneiden zu können, aber eine Direktübertragung wird es nicht geben. Und Kameras bleiben sowieso Tabu. Was die AfB sehr ärgert. Sie hatte für die Freigabe der Berichterstattung gekämpft. Der Ausschuß „mißachte das Informationsbedürfnis der Bürger“, ließ gestern AfB-Fraktionssprecher Andreas Lojewski in einer Erklärung verbreiten.

Dreimal war das Thema im Untersuchungsausschuß diskutiert worden, dreimal hatten sich die Abgeordneten nicht einigen können. Die Fronten gingen quer durch die Große Koalition. Die SPD hatte zuerst gegen Mitschnitte und sowieso gegen jede Live-Berichterstattung plädiert, schließlich habe der Untersuchungsausschuß auch den Charakter eines Gerichtsverfahrens, die Zeugen seien bei Androhung von Strafe auf wahrheitsgemäße Aussagen festgelegt. Dagegen hatte sich zuerst die AfB mit ihrem Abgeordneten Ludwig Hettling ausgesprochen und in ihrem Gefolge die CDU. Jede Berichterstattung müsse erlaubt sein, am liebsten live und in Farbe. Die Grünen hatten dagegen die Mittelposition eingenommen, die sich am Ende auch durchsetzte: Keine Direktübertragungen, aber es müsse die Möglichkeit zu Mitschnitten geben.

Dabei hatte es beispielsweise bei Radio Bremen nie die Überlegung gegeben, die Sitzungen des Ausschusses live im Hörfunk zu senden. Allerdings live-Bilder von den Top-ZeugInnen – „das hätte uns schon interessiert“, sagte Buten& Binnen-Chef Michael Geyer. Dazu wird es nun nicht kommen.

Insbesondere eine Stellungnahme des Landesbeauftragten für den Datenschutz gab am Ende den Ausschlag für das Einlenken von SPD und CDU gleichermaßen. Der hatte sich anläßlich des Bremerhaven-Untersuchungsausschusses über die Frage der Berichterstattung eingehend geäußert. Tenor: Eine generelle Live-Berichterstattung sei wegen des nötigen Zeugenschutzes nicht gestattet, allerdings habe der Untersuchungsausschuß einen Entscheidungsspielraum. Er könne im Einzelfall nach einer Abwägung zwischen öffentlichem Interesse und Schutz der ZeugIn die Restriktionen lockern. Diesen Spielraum hat sich der Ausschuß nun per Beschluß selbst verstellt. J.G.

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