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Kein Kaufrausch am Kudamm

■ Statt erwarteter Umsatzzuwächse durchweg Einbußen während des IWF-Kongresses

Das Schaufenster mit dem Nobelsten vom Nobelsten bestückt, zusätzliche Ware ins Sortiment genommen - die Geschäftswelt am Kurfürstendamm hatte sich auf den IWF/Weltbank-Kongreß gut vorbereitet. Doch die Mühe war vergebens. Statt der erhofften Umsatzzuwächse verzeichneten die Läden durchweg empfindliche Einbußen. „So schlecht ist das Geschäft noch nie gelaufen“, klagt etwa Gabriele Book, Geschäftsführerin einer Edel-Boutique.

Umsatzrückgänge von fünfzig Prozent sind keine Seltenheit, in einzelnen Fällen gehen sie sogar bis zu 80 Prozent. Betroffen sind nahezu alle vertretenen Branchen, Konfektionsgeschäfte ebenso wie Schuhläden oder Pelzhäuser. Selbst ein Losverkäufer monierte einen starken Rückgang beim Verkauf des Glücks.

Dabei hatte Finanzsenator Rexrodt zu Beginn des Kongresses noch die positiven Auswirkungen der Tagung auf den Berliner Einzelhandel gepriesen. „Da hat er sich aber kräftig geirrt“, stellte der Geschäftsführer eines exklusiven Kleiderhauses fest. Er konnte in diesen Tagen „keinerlei Positives“ über das Geschäft vermelden. Ebensowenig Salva Kroh, Eigentümerin eines exclusiven Schuhgeschäfts, die „keine einzige Kongreßteilnehmerin“ in ihrem Laden gesehen hat.

Doch nicht nur die BankerInnen und die Finanziersgattinnen blieben dem Kudamm fern. Auch viele BerlinerInnen verzichteten in den letzten Tagen auf den Einkaufsbummel dort. „Meine Stammkunden habe ich eine Woche nicht gesehen“, berichtet Gertie Barteaux, Geschäftsführerin einer Boutique. Grund, meint sie, waren die Auseinandersetzungen zwischen DemonstrantInnen und Polizei: „Die Leute hatten einfach Angst.“

Polizisten, die in einem Mannschaftswagen am Kudamm saßen, waren vom (mitverschuldeten?) Reinfall der Geschäftswelt wenig beeindruckt. Ein junger Grünuniformierter: „Schicksal.“

chris

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