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Kein Gysi im Stasi

■ Akteneinsicht ergab auch keine Vermerke über Mitarbeit de Maizieres / Schäuble: Verfassungsschutz soll PDS beobachten

Berlin (taz/afp/dpa/ap) - Nicht nur Ibrahim Böhme, auch Lothar de Maiziere und Gregor Gysi haben nicht für die ehemalige Staatssicherheit als Informanten gearbeitet. Das ist das Ergebnis der Durchsicht von Akten in der ehemaligen Stasi-Zentrale in der Ostberliner Normannenstraße. Auf persönliche Bitte von de Maiziere und mit Zustimmung der Regierungsbeauftragten hatten Konsistorialpräsident Manfred Stolpe und Rechtsanwalt Gregor Gysi die Akten des CDU-Chefs durchgesehen. Zuvor waren die Akten des PDS-Vorsitzenden Gysi von mehreren anderen Personen überprüft worden und hatten keinen Anlaß für Einwände gegeben.

Ibrahim Böhme, dessen Stasi-Akten ebenfalls keinen Hinweis auf eine Mitarbeit bei der Firma Horch&Greif erheben hatten, will am heutigen Montag seine Amtsgeschäfte als Partei- und Fraktionsvorsitzender der SPD wieder aufnehmen. Sein Anwalt kündigte darüber hinaus an, vom 'Spiegel‘ - der in seiner heutigen Ausgabe kein Wort mehr über Böhmes angebliche Stasi -Mitarbeit verliert - eine Gegendarstellung zu verlangen. Der 'Spiegel'-Bericht der letzten Woche sei in „zwölf bis 14 Punkten“ unrichtig. Die im 'Spiegel‘ angegebenen angeblichen Decknamen Böhmes hätten sich zum Teil in den durchgesehenen Akten wiedergefunden. Zuordnungen zu Böhme seien jedoch ohne weiteres nicht möglich.

Auch die 20köpfige Fraktion aus Wahlbündnis 90 und grüner Partei werden in diesen Tagen Staatssicherheitskten durchforsten, die möglicherweise sie selbst betreffen. Die Fraktion der PDS sowie die 21 Abgeordneten der drei liberalen Parteien haben ebenfalls ihre Bereitschaft unterstrichen, sich auf eine mögliche Mitarbeit für die Stasi hin freiwillig überprüfen zu lassen.

Die PDS werde weiterhin vom Verfassungsschutz beobachtet, hat indes Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble angekündigt. Die Aufgabe des Verfassungsschutzes in „unserer wehrhaften Demokratie“ sei die Beobachtung von Rechts- und Linksextremismus.

Wie sein Chef im Ministersessel, so versuchte auch Gerhard Boeden dem durch die Stasi-Affäre in seiner Legitimität erheblich angeknacksten Verfassungsschutz neue Aufgaben zuzuweisen: In der Bundesrepublik hielten sich derzeit noch 5.000 bis 6.000 DDR-Agenten auf, darunter bis zu 700 Top -Spione, behauptete der Chef des Bundesamtes für Verfassungsschutz in einem Interview mit der 'Berliner Morgenpost‘ (Sonntagsausgabe). Andererseits sei die Zahl der Überläufer aus dem DDR-Geheimdienst „nicht unerheblich“.

Boeden schloß Fälschungen bei Stasi-Aktenvermerken zu DDR -Politikern nicht aus. Weil „Stasi-Enthüllungen“ unmöglich zuverlässig nachgeprüft werden könnten, „wird es auch weiterhin ein kommodes Mittel sein, jeden mißliebigen Politiker bei Bedarf zu kompromittieren“, meinte er.

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