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Kein Goldrausch im „Torpedokäfer“

■ Die Restposten der einstigen Währungshoffnung „Knochen“ wurden zur Versteigerung getragen / Statt der erwarteten Kunstschickeria kamen biedere Geldscheinsammler

Über Künstler und ihre Liebhaber mag man denken, wie man will. Die einen schlagen sich durchs Leben, andere wollen Werte schaffen und die letzten schließlich an selbigen profitieren. Jene letzten traf man am vergangenen Samstag in der Prenzelberger Literatenkneipe „Torpedokäfer“, einem Joint-venture des Nachwendeverlags Basisdruck und des Vorwendedichters Stefan Döring. Der Anlaß war kein geringer, schließlich galt es, die Reste des Prenzelberger „Knochen“-Geldes an die geneigten Sammler zu versteigern und damit beiläufig die strittige Frage zu beantworten, ob es sich beim Medienereignis „Knochen“ nun um eine vorwiegend politische oder künstlerische Aktion gehandelt habe. Um es vorwegzunehmen: Die Antwort fiel eindeutig aus. Altanarchist und Verleger Bernd Kramer verließ die illustre Gesellschaft bereits nach dem zweiten Bier in Richtung Fußballbundesliga. Wer wollte es ihm verdenken: kein Wort über die Prenzelberger Alternativwährung, die im vergangenen November und Dezember sieben Wochen lang im Umsatz war, kein Satz über Wörgler Schwundgeld oder Zinsknechtschaft, Umlaufdruck oder alternative Währungsexperimente. Was allein zählte, waren Markt und Mark und die heimliche Herausforderung, auch als Auktionskünstler zu reüssieren.

Das Ergebnis: Spannend waren alleine die Bieter. Einer war eigens aus Lübeck angereist, weil er in Heidelberg von Klaus Staeck vom Knochen-Experiment und der Versteigerung „Bescheid bekommen“ habe. Also ließ sich der „Sammler von allem, was mit Geld zu tun hat“, nicht lumpen und ersteigerte prompt eine nicht benutzte Knochen-Vorlage von Knochen-Galerist Krause für 10.000 griechische Drachmen. Der Rest wurde in D-Mark bezahlt: 300 Mark für ein Musterbuch der Politkneipe „Seeblick“, 750 Mark für eine Serie mit einem „Gültig“- Stempel und 50 Mark für einen Schein der Kategorie disgusting. Artig und brav saßen die Bieter an den Tischreihen mit Blick zum Auktionär und dem Versteigerungskatalog vor sich. Die meisten der angebotenen Knochen- Scheine freilich fanden keinen Weg zu den etwa 20 erschienenen Bietern. Selbst ein Entwurf von Altmeister A.R. Penck ging für schlappe 115 Mark über den Tisch: an einen Möchtegernyuppie aus Lauf bei Nürnberg. Warum Penck? „Weil's doch der Bekannteste ist!“ Dann freilich ging sein Taschengeld aus, und er konzentrierte sich fortan aufs Fotografieren. Die meisten der knapp zwanzig Bieter hingegen kamen nicht aus der Kunstschickeria, sondern waren gestandene Geldscheinsammler; biedere Bieter mit Ehefrau oder pubertierendem Sohn. Ein etwas schmuddliger Zeitgenosse, der dem Bier ebenso zusprach wie der Freigeldtheorie Silvio Gesells, reizte den Auktionator, einen Geschäftsmann aus dem Tacheles, immer wieder durch Untergebote, bis er sich dann völlig überraschend die Druckvorlage von Penck für 1.500 Mark unter den Nagel riß. Kommentar von Galerist Krause: „Keine Erwartung – keine Enttäuschung“.

Ob die an der Knochen-Aktion beteiligten 50 Künstler mit dem Ergebnis und ihrem Anteil von 80 Prozent am Verkaufserlös zufrieden sein werden, wird sich noch zeigen. Einer von ihnen hatte bereits ein „Stipendium“ von 10.000 Mark gefordert und flog wegen kapitalistischer Abweichung prompt aus der Organisatorengruppe. Mit seinem Steckbrief, der seit kurzem in Prenzlauer Berg hängt, wollen die übrigen Knochen-Macher allerdings nichts zu tun haben. „Das hat der doch“, so ihre Vermutung, „selber aufgehängt.“ Uwe Rada

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