Kehrt Müntefering in die Politik zurück?: Möglich, aber nicht einfach

Seit seinem Weggang hat sich in der SPD einiges verändert - zum Schlechten. Kehrt Franz Müntefering nach dem Tod seiner Frau in die Politik zurück?

Elder Statesman? Bild: dpa

Im März noch attestierte die Wochenzeitung Die Zeit Franz Müntefering ein Dilemma. Einerseits gehe es seiner Frau in Bonn noch immer nicht so gut, dass die Politik einen größeren Raum in seinem Leben einnehmen könne, andererseits stecke die SPD in einer sich selbst beschleunigenden Krise. Er wolle helfen, könne aber nicht. Es sei eine Tragödie. Dieses Dilemma hat sich nun auf traurige Art und Weise gelöst. Seine Ankepetra starb am Donnerstag in Bonn an Krebs. Ihretwegen war er im November für die Öffentlichkeit überraschend von allen Ämtern zurückgetreten.

Wird der ehemalige Vizekanzler und Parteivorsitzende nun zu einem Zeitpunkt wieder in die Politik eintreten, in der seine Partei, die SPD, Hilfe nötig hat? In der sie nicht mit politischen Visionen und der Durchsetzungskraft einer Partei auffällt, die schließlich mit in der Regierung sitzt, sondern durch Mitgliederschwund und Abgrenzungsproblemen zur Linkspartei?

Vielleicht ist es verfrüht, sich darüber Gedanken zu machen, vielleicht sogar pietätlos. Dennoch spiegelt es die heimliche, große politische Frage dieser Tage wieder. Und leider muss diese Frage mit einem zum Nein tendierenden Jein beantwortet werden. Brauchen könnte seine Partei ihn schon, nur besonders wohlgelitten ist er gerade nicht. Denn Müntefering war in den letzten Monaten erst nicht mehr im Amt und dann auch nicht mehr im Würden.

Er würde zu einer Partei zurückkehren, die zu ihrem eigenen Übel von ihrem derzeitigen Vorsitzenden Kurt Beck geprägt ist. In eine Welt also, die ihm fremd geworden sein muss, auch wenn er sich immer eher im Dienste der SPD als der einzelnen Mitglieder und der Parteiführung sah. Kurt Beck aber revidierte 2007 mit der Verlängerung des Arbeitslosengeldes I ein großes Stück von Münteferings politischer Arbeit und hat die SPD weiter nach links gerückt. Gegen den Rat des Machtstrategen Müntefering schloss er vor der Landtagswahl in Hessen eine Zusammenarbeit kategorisch aus, später revidierte er auch das. Dann war es im Mai 2008 nicht Beck, sondern Müntefering, der in einer Phase tiefer Zerrissenheit von der Partei forderte, dass sie für die Wahl im Jahr 2009 jede Zusammenarbeit mit der Linkspartei ausschließe.

Diese Forderung stellte er nicht leise oder persönlich, sondern am 27. Mai in einem Artikel in der Süddeutschen Zeitung. Obwohl es diesen Vorstandsbeschluss für die Bundesebene schon gab. "Nicht optimal" nannte es der SPD-Linke Karl Lauterbach in einem Interview mit der taz, schließlich habe die Partei an diesem Tag ihr Steuerkonzept vorstellen wollen und es sei ermüdend, immer wieder den Schwur ablegen zu müssen, 2009 nicht mit der Linkspartei zu koalieren. "Zweimal entscheiden ist nicht besser ist als einmal entscheiden", sagte Beck. Einen Tag später, kurz vor dem "Zukunftskonvent" der Partei, wurde die Debatte über das Verhältnis der SPD zur Linkspartei für beendet erklärt. Doch nicht alle in der SPD waren überzeugt - und so gibt es für Müntefering noch immer ein gewisses Putschpotenzial.

Ohne einen groß angelegten Putsch gegen Beck aber, so Parteikenner, sei es für den 68-Jährigen, wenn er denn wollte, fast unmöglich, wieder in ein hohes Parteiamt zu kommen. Mit seinen Zwischenrufen zur Abgrenzungsdebatte hat er sich aus dem Off unbeliebt gemacht und zum Teil werden seine politischen Thesen in der Partei nicht mehr goutiert. Schon vor seinem Weggang im November 2007 gingen einige Genossen auf Abstand.

Dennoch, ganz ausschließen sollte man ein Comeback Münteferings nie: Selbst mit 50 war er noch weitgehend unbekannt. Erst später unter Schröder startete seine Karriere durch, als der im Bundestagswahlkampf 1998 die siegreiche Kampa in Bonn leitete. Nicht zu vergessen ist außerdem, dass Müntefering Westfale ist und somit den Mitgliederstarken und in der SPD mythologisch aufgeladenen Bezirk Westliches Westfalen hinter sich stehen hat, insofern auch über Basis-Sympathien verfügt.

Es mag nun erst mal danach aussehen, als habe die SPD für Franz Müntefering nur die Rolle des ruhigen Elder Statesman zu bieten. Das heißt aber nicht, dass er diese dankbar annimmt und schweigt.

Sollte Franz Müntefering nun in die SPD-Führung wieder eintreten wollen, einige Sympathien hätte er sicher - auch wenn das die Partei nun ihrerseits in ein Dilemma bringen würde. Wenn alles so bleibt, wie es derzeit ist, wäre das jedenfalls eher für die SPD tragisch.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.