Kebab soll teurer werden: Dönerdreher wetzen die Messer
Der Preis für den Durchschnittsdöner wird 2009 auf 3 Euro steigen, sagen die Hersteller. Doch ob der umkämpfte Markt das hergibt, ist fraglich.
Am Dönerhotspot Kottbusser Tor herrschen olympische Verhältnisse: Ein knappes Dutzend Wettbewerber kämpfen miteinander um Gold-, Silber- und Bronzestücke. Für gerade mal 2 Euro sind die Teigfladen mit Pressfleisch und etwas Rohkost zu haben. Dass solche Dumpingpreise langfristig nur mit für Käufer und Verkäufer gesundheitsschädlichem Doping möglich sind, bestreitet kaum jemand. Doch diese Zeiten könnten bald vorbei sein.
Denn Döner soll merklich teurer werden. "Wir erwarten, dass die Hürde von 3 Euro im nächsten Jahr übersprungen wird", sagte am Samstag der Cheflobbyist vom Verein türkischer Dönerhersteller in Europa, Tarkan Tasyumuruk. Grund seien vor allem höhere Energiekosten und gestiegene Einkaufspreise für das Fleisch und andere Zutaten. In anderen deutschen Großstädten wie Hamburg, München oder Köln werde der Döner bereits für 3,50 Euro verkauft. An Berliner Imbissbuden waren die Preise für das Grillfleisch vom Spieß zuletzt stabil. Bei 1.600 Dönerläden ist hier die Konkurrenz größer als in anderen Städten, das drücke den Preis, so Tasyumuruk.
Ahmet Iyidirli vom Bildungswerk für Migrantenfragen glaubt auch, dass die "mörderische Konkurrenz" im Dönerbereich nicht auf Dauer aufrechtzuerhalten sei. "Die aktuellen Preise sind nur möglich durch beschissene Arbeitsbedingungen im Verkauf und selbstausbeuterische Preise für Dönerfleisch und Fladenbrot. Das ist nicht normal." Mit ihren Problemen seien die Dönerarbeiter aber nicht allein. Die ganze Gastronomiebranche sei von Billiglöhnen und Ausbeutungsstrukturen betroffen. Daher müsse ein branchenweiter Mindestlohn her, sagte der einstige SPD-Bundestagskandidat für Friedrichshain-Kreuzberg der taz.
Eine Statistik über die Zahl verkaufter Döner in Berlin gibt es nicht. Der Markt gilt allerdings als gesättigt; die Nachfrage hat sich zuletzt kaum verändert. Lediglich der Gammelfleischskandal um den Berliner Döner-König Remzi Kaplan vor einem Jahr hatte kurzzeitig zu einem Nachfragerückgang geführt. Kaplan war im Mai vom Moabiter Kriminalgericht zu einer Geldstrafe von 40.000 Euro verurteilt worden, weil er gesundheitsbedenkliches Fleisch gelagert und Fleischwaren mehrfach mit neuen Etiketten versehen hatte.
"Ich habe Verständnis dafür, wenn Dönerhersteller die allgemeinen Preissteigerungen an ihre Kunden weitergeben", sagt die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus, Stefanie Winde. Ein Qualitätssprung sei dadurch allerdings nicht automatisch zu erwarten. Das wäre auch nicht unbedingt nötig: Die Dönerqualität sei in Berlin gut, das zeigten regelmäßige Untersuchungen. Der Gammelfleischskandal sei eher eine Medieninszenierung gewesen.
Doch ob sich erhöhte Preise am verwöhnten Berliner Markt durchsetzen lassen, ist offen. "Ich bezweifle, dass alle zusammen handeln und gleichzeitig die Preise anheben", sagt Iyidirli.
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