■ Kaum zu glauben: Sondermüll "düngt" weiter ostdeutsche Äcker
KAUM ZU GLAUBEN
Sondermüll »düngt« weiter ostdeutsche Äcker
Hochgiftige Pestizide aus Beständen der ehemaligen DDR sollen in Ostdeutschland noch bis Ende 1994 auf die Äcker gespritzt werden. Einen entsprechenden Antrag des Landes Thüringen hat der Bundesrat bereits verabschiedet. In Westdeutschland gelten die Präparate als Sondermüll. Thüringen begründet seine Initiative damit, daß eine Entsorgung des Gifts als Sondermüll „eine unzumutbare finanzielle Belastung“ wäre. Nach einer Schätzung des Landwirtschaftsministeriums geht es um eine Menge von 3500 Tonnen.
Unter den Produkten sind zum Beispiel captanhaltige Mittel, die in Westdeutschland bereits seit Jahren nicht mehr in den Handel gebracht werden dürfen. Das Bundesgesundheitsamt schrieb Captan bereits 1986 krebsauslösendes Potential zu. Dr. Christel Karwacki, Sprecherin des thüringischen Landwirtschaftsministeriums, sind diese Studien egal: „Es wird zwar ein kanzerogenes Potential von irgendwelchen Leuten vermutet, aber es gibt keinen knallharten Beweis.“
Weiterhin sollen die ostdeutschen Bauern Mittel einsetzen dürfen, die wassergefährdende Wirkstoffe wie Simazin enthalten. Auch hier sieht Sprecherin Karwacki „keinerlei Risiko“. Der Bundesverband der deutschen Gas- und Wasserwirtschaft dagegen hält 28 Wirkstoffe in den fraglichen Mitteln für „besonders bedenklich“. Das Pestizid-Aktions-Netzwerk in Hamburg bezeichnet das geplante Gesetz schlicht als Skandal: „Es zeugt von einem merkwürdigen Umweltverständnis, wenn ein Altlastenproblem per Gesetz mit der großflächigen Verteilung auf Äckern gelöst wird.“
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