: Kaufleute kennen keinen Humor
■ Richter gegen Satire: »KaDeBe« muß fürs »KaDeWe« Namen ändern/ Jede Zuwiderhandlung wird mit einer Strafe von 10.000 Mark geahndet/ Hertie hat nie am Sieg in dem Verfahren gezweifelt
Berlin. Renner im »KaDeBe — Kaufhaus der Besten« ist der erdolchte Gartenzwerg, der in drei Größen zu haben ist. Auch eine »DDR-Uhr« mit Hammer und Zirkel als Zeiger — rückwärts gehend — verkauft sich nicht schlecht. Dieter Becher und Jürgen Frohmann vertreiben Satireartikel aller Art, von der Postkarte bis zum metergroßen stummen Diener »Helmut Kohl«. Unter dem einprägsamen Namen »KaDeBe« allerdings nur noch bis zum 15. Januar nächsten Jahres. Der weiteren Verwendung des Namens haben Richter am Montag einen Riegel vorgeschoben.
Der Hertie-Konzern, Eigentümer des »KaDeWe — Kaufhaus des Westens«, hatte gegen die Besitzer des Satire-Geschäfts ein Unterlassungsverfahren angestrengt, über das die 97. Kammer des Landgerichts Berlin zu entscheiden hatte. Nach dem Richterspruch mußten die beiden Geschäftsleute unterschreiben, ab dem 15. Januar nächsten Jahres die Abkürzung »KaDeBe« nicht mehr öffentlich zu verwenden. Jede Zuwiderhandlung wird mit einer Strafe von 10.000 Mark geahndet. Der Kläger hatte an einem Sieg in dem Verfahren nie gezweifelt. »Sogar der Richter hat zu Prozeßbeginn gesagt, es sei einer der klarsten Fälle in seiner 15jährigen Dienstzeit«, sagte ein Hertie-Sprecher.
Im November 1990 waren im Berliner »KaDeWe« einige Briefe mit dem Adressaten »KaDeBe« falsch angekommen. Die Berliner Geschäftsleitung meldete das vermeidliche Plagiat der Frankfurter Zentrale, die eine Anwaltskanzlei beauftragte, von den beiden Berliner Unternehmern den Verzicht auf den Namen zu erwirken. »Das haben wir auch in der Handvoll anderer Fälle gemacht, wie etwa beim »CaDeWe, Cabarett des Westens« oder bei der »DADEWE«, Dampfwäscherei des Westens«, sagte der Hertie-Sprecher. Nicht nur Post, sondern auch Ware könne falsch geliefert werden.
Die beiden Satire-Kaufleute haben für die Entscheidung der Richter kein Verständnis. »Wir müßten ja gegen das KaDeWe Konkurrenz betreiben, aber wir haben doch eine ganz andere Produktpalette«, sagt Dieter Becher. Der Name »KaDeBe« sei »einfach Satire«, doch Richter und Hertie-Konzern verstünden wohl keinen Spaß. Die beiden dürfen jetzt nur unter dem Namen »Kaufhaus der Besten« weitermachen, ohne Abkürzung. Das Briefpapier und die Visitenkarten werden noch bis Januar aufgebraucht, für die Unterlassungserklärung müssen mehrere tausend Mark Gebühren gezahlt werden. Doch Becher und Frohmann wollen weitermachen. Zuletzt haben sie ein Schaufenster umdekoriert: ein Kind zieht einen Weihnachtsmann energisch an seinem roten Mantel und herrscht ihn an: »Los, du rote Socke, rück die Sachen aus dem Sack raus.« Satire ist eben nicht jedermanns Sache. Willo Göpel/dpa
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen