piwik no script img

Katzenjammer bei den SozialistenUSA fordern Rückzug von Strauss-Kahn

Auch die Pariser Regierung geht auf vorsichtige Distanz und will einen Nachfolger suchen. Nur die Sozialisten stehen noch unter schwerem Schock.

Zum Heulen zumute: Parteichefin Martine Aubry. Bild: dapd

PARIS taz | Wie eine Trauergemeinde fanden sich die Führungsmitglieder der französischen Parti Socialiste (PS) am Dienstagnachmittag zu einer ersten Aussprache über den Fall Dominique Strauss-Kahn (DSK) ein.

"Ich bin traurig und wie groggy", sagte der ehemalige Premierminister und Parteichef Laurent Fabius im Namen der anderen für die Stimmung in der Partei. "Die Lage ist schrecklich", so Fabius. Laut einer Umfrage vom Montag waren 70 Prozent der PS-Sympathisanten der Meinung, dass DSK das Opfer einer Manipulation sein müsse.

Zeugen zufolge war Parteichefin Martine Aubry nicht die Einzige, der bei der internen Aussprache die Tränen kamen. Für die Sozialisten ist es zum Heulen: Strauss-Kahn war der klare Favorit der Präsidentschaftswahlen von 2012, dem große Chancen eingeräumt wurden, Nicolas Sarkozy zu schlagen. Mit der Festnahme gilt er als politisch tot, weil er schon allein wegen des zeitlichen Ablaufs des Verfahrens nicht mehr kandidieren kann.

Am chancenreichsten als Kandidat gilt aber nicht Aubry, sondern ihr Vorgänger, François Hollande. Er hatte sich zu einem ernsthaften internen Konkurrenten von DSK gemausert. Laut einer neuesten Umfrage würde er mit 23 Prozent vor Sarkozy (22 Prozent) und Marine Le Pen (20 Prozent) in Führung liegen.

Unterdessen wächst der Druck auf DSK, sich von der Spitze des Internationalen Währungsfonds zurückzuziehen. US-Finanzminister Timothy Geithner forderte den IWF-Chef zum Rückzug auf. "Er ist offensichtlich nicht in der Lage, den IWF zu leiten", sagte Geithner am Dienstag. Auch Frankreich geht auf Distanz zu DSK. Der Chef der französischen Regierungspartei UMP, Jean-François Copé, sagte am Mittwoch, für Strauss-Kahn solle "in den nächsten Tagen" ein Nachfolger gefunden werden. Er sehe keine Möglichkeit für ihn, im Amt zu bleiben.

Strauss-Kahn soll am Samstag in einem New Yorker Hotel ein Zimmermädchen sexuell angegriffen und zum Oralsex gezwungen haben. Er wurde daraufhin festgenommen. Eine Haftrichterin lehnte am Montag eine Entlassung auf Kaution ab, der Franzose wurde auf die Gefängnisinsel Rikers Island gebracht. Dort soll er wegen Suizidgefahr unter besondere Überwachung gestellt worden sein. Eine sogenannte Grand Jury muss nun bis Freitag über eine formelle Anklage entscheiden.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

4 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • B
    BlueBoy

    @drpaul:wenn das private Verhalten des Chefs des IWF, also eines Einzelnen, derartige Auswirkungen hat, wie beschrieben und in den freien Medien befürchtet, dann ist es wirklich Zeit, uns zu fürchten. Soooooooo instabil also ist das alles?

  • UH
    Udo Henn

    Lieber drpaul, warum denn so agressiv? Der Narr, der von Politik nichts versteht, sind Sie. Es gibt keine massiven Auswirkungen, wenn Strauss-Kahn von der politischen Buehne abtritt, oder glauben Sie, es gaebe keine anderen fachlich genauso qualifizierten Kandidaten fuer den IWF oder fuer Frankreich?

    Im uebrigen verbitte ich mir von Ihnen kuenftig derart flegelhafte Kommentare.

  • D
    drpaul

    @Udo Henn:

    Wenn sie nicht begreifen, was für massive politische Auswirkungen dieser Fall hat, haben sie entweder keine Ahnung von Politik oder sind nicht intelligent genug, das einzuschätzen.

     

    Und das es hier nicht nur um ein amerikanisches unbedeutendes Sex-Thema geht, sondern dies direkt die Präsidentschaftswahlen in Frankreich (und damit die Zukunft des ganzen Landes) und sogar die finanzpolitische Führung und Ausrichtung des IWF weltweit betrifft, geht wohl auch über ihren Horizont?

     

    Ich schlage vor, sie lesen in Zukunft die BILD, da können sie sicher sein, dass sie sich niemals wie bei der taz, darüber beschweren müssen, dass sie "zuviel Informationen" bekommen.

     

    Faktisch fordern Typen wie sie, eine "Zensur für Themen" und dafür sollten man Narren wie sie ganz klar zurechtweisen. Sowas wie "zuviel Information" gibt es nicht, es gibt nur zuwenig Information. Wenn sie Themen nicht interessieren oder sie sich einbilden es gäbe zu viele Artikel, gibt es eine tolle Lösung: Einfach nicht lesen!!!

     

    Ihre Zensurforderung für bestimmte Themen behalten sie aber bitte ganz schnell wieder für sich - was und wieviel jemand über ein Thema zu schreiben darf, haben sie als selbsternannter Themen-Diktator nicht für andere zu bestimmen!!

  • UH
    Udo Henn

    Was ist an diesem Fall so bedeutsam, dass die taz innnerhalb weniger Tage sechs Artikel dazu veroeffentlicht? Gibt es aus Amerika nichts anderes zu berichten als ueber einen sexkranken Politiker?