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Katzen tragen keine »Grünen Punkte«

■ Umweltverwaltung prüft, ob Betriebsgenehmigung für Sortieranlage fehlt/ Möglicherweise muß das Unternehmen ein halbes Jahr dichtmachen

Berlin. Neuer Imageschaden für den »Grünen Punkt«: Der Berliner Sortieranlage des Dualen Systems droht die Stillegung. Die Umweltverwaltung prüft, ob die ehemalige Sero- Anlage nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImsch) hätte genehmigt werden müssen. Sollte dies der Fall sein, müßte die AWU, der Betreiber der Anlage am Hultschiner Damm, diese Genehmigung beantragen. Bis zur Erteilung der Betriebserlaubnis müßte die Anlage, in der 160 Mitarbeiter beschäftigt sind, abgeschaltet bleiben, sagte Wolfgang Bergfelder, Leiter der Abteilung Abfall und Immissionsschutz in der Umweltverwaltung gestern der taz. Die Erteilung einer Genehmigung dauere mindestens drei Monate, könne bei einem förmlichen Verfahren mit öffentlicher Anhörung aber auch bis zu einem halben Jahr in Anspruch nehmen.

Der Betreiber habe keine BImsch- Genehmigung beantragt, weil in der Anlage kein Müll sortiert werde, erläuterte Eric Schweitzer, Junior- Chef bei der »Die Andere Systementsorgungs GmbH« (DASS), dem Berliner Vertragspartner des Dualen Systems Deutschland. Wenn die Leicht- und Kunststoffverpackungen nach dem Gesetz Abfall wären, dürfte das Duale System diese gar nicht einsammeln. Im Prinzip hat Schweitzer recht. Doch die Berliner werfen in die »gelben Tonnen« nicht nur Verpackungen mit dem »Grünen Punkt«, sondern auch Küchenabfälle, Altölkanister und tote Katzen. Bergfelder wunderte sich, als er einen Blick auf die Fließbänder der Sortieranlage warf: »Was da alles drin ist.«

Der »Verunreinigungsgrad« liege zwischen 10 und 20 Prozent, bestätigt Schweitzer. Auf deutsch: jedes fünfte bis zehnte Teil auf dem Fließband ist alles andere als eine Milchtüte, ein Joghurtbecher oder eine Styroporverpackung. Diese Quote ist nicht überraschend. Die DASS habe von Beginn an mit »Fehleinwürfen« in die »gelbe Tonne« gerechnet, berichtet der Junior-Chef. Ähnlich wie bei der damaligen Einführung von Papier- und Glascontainern wisse der Benutzer der Recycling- Tonnen zu Anfang nicht, welche Abfälle hineingehörten. Am Hultschiner Damm wird der Abfall aussortiert, gepreßt und dann zur Deponie gefahren. Die Kosten trägt das Duale System GmbH.

Einer Schließung der Sortieranlage für drei bis sechs Monate sieht Schweitzer gelassen entgegen. In einer Woche werde Europas größte Gewerbemüll-Sortieranlage in der Flottenstraße in Betrieb genommen. Mit ihrer Jahreskapazität von 100.000 Tonnen könnte dort der »Grüne Punkt«-Müll mitsortiert werden. Die Anlage in der Flottenstraße hat eine BImsch-Genehmigung.

Der Hultschiner Damm war im gestrigen Umweltausschuß ebenfalls Thema. Der Abgeordnete Michael Berger (Bündnis 90/Grüne) forderte die Überprüfung der Sortieranlage, weil dort »de facto ein Zwischenlager« eingerichtet worden sei. Auf Grund von Entsorgungsengpässen nach dem illegalen Plastikexport nach Frankreich stapelten sich Berge von gepreßten Kunststoff-Ballen. Wenn sich diese entzündeten, könnten gefährliche Dioxine entstehen. Dirk Wildt

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