: Katastrophe
■ Die IRA bezeichnet ihr Massaker als „Versehen“
Elf Tote und 61 Verletzte - und die Irisch–Republikanische Armee (IRA) spricht von „Versehen“. Doch davon kann keine Rede sein. Nie gab es für die IRA die Möglichkeit, die Bombe in Enniskillen zielgerichtet gegen die „Sicherheitskräfte“ einzusetzen. Noch in jedem Jahr nahmen viele Familien, Rentner, Sonntagsspaziergänger an der Gedenkfeier teil. Und das mußte die IRA wissen. Nach vielen Rückschlägen in diesem Jahr brauchte sie eine spektakuläre Aktion, um Gerüchten über ihre Schwäche entgegenzutreten. Doch der Massenmord in Enniskillen wird sie Unterstützung kosten: Der mühsam aufgebaute Ruf der IRA, sie habe aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt und würde „Zivilisten“ nicht mehr gefährden - er wurde am Sonntag im Bruchteil einer Sekunde zunichte gemacht. Für Sinn Fein, den politischen Flügel der IRA, ist die Bombe von Enniskillen eine Katastrophe. Die Partei hatte auf dem Parteitag vor zehn Tagen beschlossen, verstärkt den Dialog mit den nordirischen Protestanten zu suchen und in Südirland durch politische Basisarbeit Wähler zu gewinnen. Durch den Anschlag sind diese Pläne torpediert worden. „Nutznießer“ des Bombenanschlags ist die britische Regierung, die mit diesem Attentat getroffen werden sollte. Großbritannien fordert von der irischen Regierung ein Auslieferungsgesetz, das vor allem gegen die IRA gerichtet ist. Bis Sonntag war dieses Gesetz, das am 1.Dezember ratifiziert werden soll, im irischen Parlament stark umstritten. Nach Enniskillen wird es auf wenig Widerstand stoßen. Und schon am Sonntag wurden Stimmen laut, die wieder die Todesstrafe forderten. Seit dem Anschlag haben sie die Mehrheit der Bevölkerung hinter sich - und nicht nur der protestantischen. Ralf Sotscheck
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