Kataloniens Ex-Regionalpräsident: Puigdemont macht wieder Politik
Kataloniens Exregionalpräsident reist am Samstag aus Deutschland ab. Nach Spanien kann er nicht. Von Belgien aus will er Politik machen.

Über Kataloniens Unabhängigkeit will Puigdemont weiterhin reden – nur nicht in Spanien Foto: dpa
BERLIN taz | „President, President, President!“, schallen Carles Puigdemont die Rufe seiner Fans entgegen, als er am Mittwoch aus dem Haus der Bundespressekonferenz in Berlin tritt. Lange können seine Anhänger in Berlin das Gesicht der katalanischen Unabhängigkeitsbewegung allerdings nicht mehr in der deutschen Hauptstadt erleben: „Ich werde am Wochenende nach Belgien zurückkehren“, kündigt der frühere Regionalchef Kataloniens bei seiner Pressekonferenz an. Am Samstag verlasse er Deutschland. Er sei hier mit großer Herzlichkeit empfangen worden, für die er sich bedanke. In Belgien angekommen, wolle er seine politische Aktivität wieder aufnehmen.
Carles Puigdemont war im Zuge des verbotenen Unabhängigkeitsreferendums in Katalonien am 1. Oktober 2017 zunächst nach Belgien geflohen. Die spanische Justiz hatte ihn in Spanien angeklagt und auch einen europäischen Haftbefehl wegen Rebellion und Untreue erlassen. Kurz vor Ostern 2018 wurde er auf der Durchreise im schleswig-holsteinischen Neumünster festgenommen und später gegen Auflagen aus der Haft entlassen. Schleswig-Holsteins Oberlandesgericht hob den bereits außer Vollzug gesetzten Auslieferungshaftbefehl gegen Puigdemont in der vergangenen Woche auf.
In Berlin betont der Ex-Katalanenchef nun, dass die Unabhängigkeitsbefürworter durchaus dialogbereit seien – bekräftigte aber seine Auffassung, dass das Unabhängigkeitsreferendum verfassungskonform gewesen sei. Das spanische Verfassungsgericht hatte das katalanische Gesetz über einen Volksentscheid allerdings einen Monat vor dem Referendum für ungültig erklärt. Puigdemont sieht sich aber weiter im Recht: Das katalanische Volk habe sich eindeutig für die Unabhängigkeit ausgesprochen, sagt er.
In Madrid sieht Puigdemont nun einen „Klimawechsel“ gekommen. Der neue sozialistische Regierungschef Pedro Sánchez ist zwar ein Abspaltungsgegner, äußert sich aber versöhnlich, er traf sich kürzlich zum ersten Mal mit dem derzeitigen Regionalchef Kataloniens, Quim Torra.
Keine Unterstützung durch EU-Staaten
Nach Spanien kann Puigdemont weiterhin nicht zurück, ohne Haft zu riskieren. Vielleicht könne er so schnell keinen spanischen Boden betreten, sagt er in Berlin. Katalanischen Boden aber sehr wohl – nämlich den französischen Teil, erklärte Puigdemont. Er ist im katalanischen Dorf Amer aufgewachsen, nur etwa 50 Kilometer von der französischen Grenze.
Zunächst will Puigdemont sich aber in Belgien einrichten. Der Katalonienkonflikt sei keine innere Angelegenheit, betont er. Es gebe längst einen europäischen Blick darauf. Mit offiziellen Vertretern der EU habe es aber keine Treffen gegeben. Der 55-Jährige räumte ein, dass es keine Unterstützung durch andere EU-Staaten gebe – „aber sind Europa nur die Einzelstaaten?“
Leser*innenkommentare
Priest
Die EU hat vielleicht kein besonderes Interesse an einem neuen europäischen Staat, insbesondere aber der spanische Staat selbst nicht.
Trotzdem verurteilt die EU, vor allem ihre Bürger in Umfragen, die massive Verletzung demokratischer Werte und Grundrechte in Spanien.
Ausserdem hat die katalanische Unabhängigkeitsbewegung viele Gesichter, auch wenn in Deutschland Puigdemont herausragt. Persönlichkeiten wie zum Beispiel die Parlamentspräsidentin Carme Forcadell, seit 4 Monaten in U-Haft, oder die beiden Jordis, Aktivisten und Chefs der ANC und Omnium Cultural, welche sogar seit 9 Monaten ebenfalls unschuldig in U-Haft sitzen.
Die Liste der Gesichter ist lang. So lange wie die Liste der politisch Verfolgten.