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Karstadt: 70 Millionen Mark verbaut

■ Der „größte Einzelhändler Bremens“ eröffnet heute neu

Der „größte Einzelhändler Bremens“ kommt aus Essen und heißt „Karstadt AG“. Diese AG, „größtes Warenhausunternehmen des europäischen Kontinents“, entsandte gestern einige Herren nach Bremen, die der Presse erläuterten, wie es um die aufstrebende Bremer Filiale bestellt ist. Denn nach 22 Umbaumonaten eröffnet heute Karstadt-Bremen neu. Drei Tage später als Horten, das sich am Montag als „Galeria Horten“ in neuem teuren Gewand präsentiert hatte.

Ein paar Zahlen: Bei Karstadt-Bremen hat der Umbau 22 Monate gedauert und 70 Millionen Mark gekostet. Die Verkaufsfläche wurde auf 30.000 qm erweitert, „Norddeutschlands größtes Warenhaus“ entstand. Die stattliche Investitionssumme („70 Millionen ohne Mehrwertsteuer! “) ist, so Vorstandsherr Grönemeyer, „eine der größten, die Karstadt im Rahmen der strategischen Neuausrichtung seiner Filialen für die Anforderungen der 90er Jahre getätigt hat.“

Bis vor 15 Jahren war Karstadt Bremen eins der vier „Spitzenhäuser“ unter den 155 Filialen. Dann kam ein „Einbruch“, aber bis 1986 hatten die Bremer Manager und MitarbeiterInnen das Haus wieder auf den 8.-10. Rang hochbugsiert. Nach einem leichten „Abrutsch“ infolge des Umbaus soll die Neuinvestition von 70 Millionen dazu führen, daß das Kaufhaus wieder auf einen der vorderen Plätze kommt. Der Essener Vorständler Grönemeyer mit ungemütlichem Unterton: „Die Filialleiter haben uns versprochen, daß es wieder den 4. Rang einnehmen wird.“ Der Essener Besucher betonte mehrfach, daß er Bremens Zukunft „mittelfristig optimistisch“ einschätze. Werde doch seit 1988 im strukturgewandelten Investitionsgütersektor eine „Wende“ beobachtet, zudem seien die Bremer Arbeitslosen „besonders hohe aktivierbare Reserven“.

Das umgebaute Bremer Konsumparadies gehört bei der Karstadt AG, wo die Herren sich offenbar mitten in einem Wirtschafts -Krieg befinden, in die Kategorie der „Flaggschiffe“: „Niveaumäßig auf mittlere, höherwertige und Spitzensortimente ausgerichtet.“ Neu ist die Fassade, neu sind etliche Schaufenster, allein die Außengestaltung verschlang 10 Millionen. Neu innendrin ist allem voran das „Ambiente“, neu ist im einzelnen der „Globetrotter-Shop“, neu ist der „Schnäpchen-Markt“, der „Philatelie-Shop“, der „Technik-Shop“, der „Kundendienst-Service-Center“ etc.pp. Neu ist auch - und dies auf besonderen Investitionswunsch des Betriebsrates - daß die Kassiererinnen endlich sitzen können. Die Bremer Filiale hat 1.300 bis 1.400 Beschäftigte, davon sind ca. 500 Teilzeitkräfte. Dazu kommen noch 120 Propagendistinnen und Fremdkräfte, die nicht von Karstadt sondern von „Juvena“, „Marbert“ oder von „Mister Mind“ bezahlt werden, von der Kundin aber nicht von Karstadt -Angestellten zu unterscheiden sind. Die MitarbeiterInnen sind nicht besonders stolz auf ihren neuen „Glasschuppen“, eher verärgert, weil das Personal kontinuierlich abgebaut wird, und sie jetzt mit ihren 1.300 Leuten die große Investitionssumme „wieder reinholen sollen“. B.D

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