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Karsai in Afghanistan vereidigtDer Präsident der vielen Versprechen

Afghanistans Präsident Karsai sagt in seiner Antrittsrede, was seine westlichen Unterstützer hören wollen. Wie er das umsetzen will, bleibt unklar.

Karsai am Donnerstag bei seinem Amtseid. Bild: reuters

Bekleidet mit dem typischen grün-blau gestreiften usbekischen Umhang und Lammfellmütze, legte der 51-jährige Hamid Karsai vor dem Obersten Richter des Landes den Eid für seine zweite Amtszeit ab. In seiner Rede stellte er in Aussicht, dass die afghanische Armee und Polizei innerhalb von drei bis fünf Jahren die Verantwortung für die Sicherheit des Landes übernehmen werden, versprach ein entschlossenes Vorgehen gegen Korruption und Drogenhandel sowie die Einberufung einer großen Ratsversammlung ("Loja Dschirga").

An der schwer bewachten Zeremonie im Kabuler Präsidentenpalast nahmen rund 800 Gäste teil, darunter 300 aus dem Ausland. Außer dem afghanischen Staatsfernsehen waren keine Medien zugelassen. Anschließend vereidigte Karsai seine beiden Vizepräsidenten, den Warlord der schiitischen Volksgruppe der Hasara, Karim Khalili, und den tadschikischen Warlord und Exverteidigungsminister Mohammed Kasim Fahim. Insbesondere Letzterer gilt vielen Beobachtern als nicht tragbar. Doch Karsai hatte ihn nominiert, um seinem wichtigsten Gegner Stimmen der Tadschiken abzunehmen.

"Die Regierung von Afghanistan ist entschlossen, die Kultur der Straffreiheit und die Verletzung des Rechts zu beenden und jene der Justiz zuzuführen, die Korruption und den Missbrauch des öffentlichen Eigentums verbreiten", sagte Karsai. Mit seinen vollmundigen Versprechen bediente er exakt die Wünsche der ihn stützenden westlichen Regierungen. Diese - vertreten durch die AußenministerInnen der USA, Großbritanniens, Frankreichs und Deutschlands - verlangen schon seit Wochen ein entschlossenes Vorgehen gegen Korruption. Afghanistan belegt in dem von Transparency International in dieser Woche veröffentlichten Korruptionsindex den vorletzten Platz.

Karsai versprach, in seine neue Regierung kompetente und professionelle Minister zu berufen. Mit der Bekanntgabe des Kabinetts wird in etwa zwei Wochen gerechnet. Konkret versprach Karsai, der seinen Wahlsieg selbst massiven Manipulationen verdankt, eine Konferenz durchzuführen, auf der neue Vorschläge zur Korruptionsbekämpfung gemacht werden sollen. Außerdem schlug er vor, dass künftig alle Minister und Gouverneure ihre Vermögensverhältnisse offenlegen müssten.

Karsai hatte in den vergangenen acht Jahren schon mehrfach versprochen, gegen Korruption vorzugehen. Außenminister Guido Westerwelle sagte: "Wir werden Präsident Karsai beim Wort nehmen und setzen darauf, dass den richtigen Worten jetzt auch die richtigen Taten folgen."

Erst am Mittwoch hatte die Washington Post dem afghanischen Bergbauminister unter Berufung auf US-Quellen vorgeworfen, 2007 den Zuschlag für die 2,9 Milliarden Dollar teure Erschließung und Ausbeutung einer Kupfermine südlich von Kabul gegen 29 Millionen Dollar Schmiergeld an eine chinesische Firma vergeben zu haben. Der Minister, ein Vertrauter des Karsai stützenden Warlords Abdul Raschid Dostum, wies den Vorwurf zurück.

Auch mit dem Versprechen, dass afghanische Kräfte in drei bis fünf Jahren komplett die Verantwortung für die Sicherheit des Landes übernehmen sollen, entspricht Karsai dem Wunsch westlicher Regierungen. Erst zu Wochenbeginn hatten etwa der Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen, der britische Premier Gordon Brown und der deutsche Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg erklärt, dass afghanische Kräfte bereits 2010 in einigen Regionen die Verantwortung übernehmen sollten. Westliche Regierungen stehen unter großem Druck, ihrer Bevölkerung Ausstiegstermine anzubieten.

Karsais Versprechen, die afghanische Armee und Polizei könnten in naher Zukunft für die Sicherheit im Land verantwortlich zeichnen, setzt jedoch zunächst eine massive Aufstockung der Ausbildungskapazitäten durch die Nato-Staaten in Afghanistan voraus und bedeutet somit kurzfristig gerade keine Reduzierung. Freude dürfte Karsais Ankündigung, innerhalb der nächsten zwei Jahre die Aktivitäten privater Sicherheitsfirmen zu beenden, bei Afghanen auslösen. Diese Söldnerfirmen operieren oft außerhalb des Rechts.

Karsais Vorschlag einer Loja Dschirga zur politischen Versöhnung im Land wie auch die Einladung an Gegner aus dem Wahlkampf zu einer Regierungsbeteiligung ist eine Versöhnungsgeste. Sie zeigt zugleich seine geringe Legitimation und große Schwäche. Da sein unterlegener Herausforderer Abdullah Abdullah bereits eine Regierungsbeteiligung ablehnte und die Taliban nur zu Verhandlungen bereit sind, wenn die ausländischen Truppen abziehen, haben Karsais Vorschläge kaum Realisierungschancen.

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4 Kommentare

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  • MN
    mein name

    "Geringe Legitimation"?

    Dieser Mann hat sein Amt durch unverblümten Wahlbetrug, z.B. mittels eines Parteienverbots vor der Wahl, erlangt und vergibt Ministerämter an Taliban. Natürlich ist eine Bekämpfung der Korruption schon jetzt ein verlorener Posten, wenn der "Präsident" des Landes von Geisterstimmen getragen wird. Ganz davon abgesehen, dass die afgahnische Bevölkerung somit ihr Vertrauen in die Demokratie verloren haben dürfte und nun resigniert oder für religiösen Fundamentalismus zugänglicher sein könnte.

    Wie sehr der Westen seine Demokratisierungsbemühungen ernst nimmt, wird offenbart, wenn westlich demokratische Würdenträger einhellig zum Amtsantritt gratulieren oder offiziellen Zeremonien beiwohnen. Die Macht der Jihadisten wird durch die "Wiederwahl" Karsais zementiert und damit gerät die Demokratisierung doch zur Farce!

    Warum nicht gleich alle Truppen abziehen und den mörderischen Eliten das Land überlassen? Was den Menschen dort wiederfährt, interessiert ohnehin niemanden, solange in der eigenen Nachbarschaft keine Bombe hoch geht.

     

    Und die taz erwähnt Karsais "geringe Legitimation" lediglich in einem Nebensatz und leistet mit diesem Euphemismus vor dem Herrn einen hervorragenden Beitrag zur Verblödung ihrer Leserschaft. Um die taz an ihr Selbstverständnis zu errinnern, sei auf § 2 des Redaktionsstatut hingewiesen:

     

    (2) Die taz engagiert sich für eine kritische Öffentlichkeit.

    (3) Sie tritt ein für die Verteidigung und Entwicklung der Menschenrechte und artikuliert insbesondere die Stimmen, die gegenüber den Mächtigen kein Gehör finden.

     

    Die Stimmlosen sind in diesem Falle wohl die Menschen, die in Afgahnistan in diesen Verhältnissen leben müssen und nicht eine elitäre Führungsriege, die sich lediglich für das eigene Bankkonto und ihre Machtausübung interessiert!

  • B
    Bavi

    Wie geht es weiter in Afghanistan? Gibt es wirklich kein gültiger Plan, oder will den keinen haben?

     

    -Sind die afghanischen Grenzen gesichert oder sind die für den Drogenbaronen und Waffenhändler noch offen?

     

    -Hat die Regierung und der Präsident Karsai genügen Militär und Polizei um Ordnung im Land zu schaffen?

     

    -Herrscht im Land ein Waffenbesitzverbot oder kann jeder eine Waffe haben?

     

    -Wer ist der Armeebefehlshaber in Afghanistan, USA, NATO oder Präsident Karsai?

  • K
    Küstenstelze

    ".....eine Versöhnungsgeste. Sie zeigt zugleich seine geringe Legitimation und große Schwäche."

    Wie wahr! Und ich befürchte, dass das der Anfang vom Ende aller Bemühungen sein wird und muss, dem afghanischen Volk noch weiter Hoffnungen machen zu können und zu dürfen. Karsai, international und im Lande selbst schon lange nicht mehr glaubwürdig, nach diesen Wahlen und dieser Regierungsbildung noch weniger, wird weiter Handlanger bleiben, bis zum bitteren Ende. Bitter aber für ein gequältes Volk, nicht für dessen Vertreter, die sich, zum großen Teil aus Europa kommend, offenbar sanieren konnten. Wer glaubt, dass da Idealisten und Demokratiegläubige am Werk sind, wird enttäuscht werden. Man muss kein Prophet sein, um so etwas zu denken. Ob Rückzug der internationalen Truppen oder kein Rückzug. Der wirkliche Zug ist abgefahren, und in ihm sitzen die Kriegsgewinnler. Ein Trauerspiel in unserer ach so aufgeklärten Zeit!

  • K
    Küstenstelze

    ".....eine Versöhnungsgeste. Sie zeigt zugleich seine geringe Legitimation und große Schwäche."

    Wie wahr! Und ich befürchte, dass das der Anfang vom Ende aller Bemühungen sein wird und muss, dem afghanischen Volk noch weiter Hoffnungen machen zu können und zu dürfen. Karsai, international und im Lande selbst schon lange nicht mehr glaubwürdig, nach diesen Wahlen und dieser Regierungsbildung noch weniger, wird weiter Handlanger bleiben, bis zum bitteren Ende. Bitter aber für ein gequältes Volk, nicht für dessen Vertreter, die sich, zum großen Teil aus Europa kommend, offenbar sanieren konnten. Wer glaubt, dass da Idealisten und Demokratiegläubige am Werk sind, wird enttäuscht werden. Man muss kein Prophet sein, um so etwas zu denken. Ob Rückzug der internationalen Truppen oder kein Rückzug. Der wirkliche Zug ist abgefahren, und in ihm sitzen die Kriegsgewinnler. Ein Trauerspiel in unserer ach so aufgeklärten Zeit!