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■ Karlsruhe stoppt das bayerische AbtreibungsrechtAuf dem Weg zum neuen Denken

Die erste Runde ging an die beiden Abtreibungsärzte Friedrich Stapf und Andreas Freudemann. Das Bundesverfassungsgericht rettete vorerst ihre Kliniken. Das Gesetz des Freistaats, wonach Ärzte maximal 25 Prozent ihrer Einnahmen mit Schwangerschaftsabbrüchen verdienen dürfen, wird ausgesetzt, bis über die Verfassungsbeschwerden der beiden Ärzte entschieden ist.

Ist damit das Angebot an ortsnahen und spezialisierten Abbruchmöglichkeiten in Bayern dauerhaft gesichert? OptimistInnen hoffen auf das Gesetz der Serie. Immerhin ist fast kein Fall erinnerlich, bei dem Karlsruhe zuerst ein Gesetz per einstweiliger Anordnung stoppte, um es später doch in vollem Umfang zu bestätigen. Doch hier geht es um Abtreibungsrecht, und das ist bekanntlich in Karlsruhe besonders umstritten. Vieles spricht dafür, daß die Entscheidung eine vorläufige war.

Bayern sieht seine Chance nun darin, bis zur Entscheidung in der Hauptsache doch noch eine flächendeckende Versorgung mit Abtreibungsmöglichkeiten (als Alternative zu Stapf und Freudemann) aufzubauen. Ausgerechnet Sozialministerin Barbara Stamm, die Personifizierung des bayerischen Sonderrechts, muß nun die eingeschüchterte Ärzteschaft ermuntern, mehr (oder überhaupt) Schwangerschaftsabbrüche durchzuführen.

Aber selbst wenn Stamm das gelingen sollte, ist weiter alles offen. Denn auch in ein bis zwei Jahren wäre das bayerische Verbot von spezialisierten Abtreibungskliniken noch ein existentieller Eingriff in die Berufsfreiheit der Mediziner Stapf und Freudemann. Für den Fall aber, daß sich eine erneute juristische Niederlage abzeichnen sollte, hat sich Barbara Stamm bereits eine Rückzugsposition ausgedacht. Die Kliniken von Stapf und Freudemann führten zu „innerbayerischem Abtreibungstourismus“. Nur wenn Frauen wirklich wohnortnah abtreiben könnten, so das neue Denken in München, bestehe ausreichend Muße für eine verantwortliche Entscheidung.

Das ist zwar ein etwas bizarrer Vorwurf aus dem Mund einer Ministerin, die Frauen mit ihrem Gesetz eben noch nach Hessen schicken wollte. Aber immerhin scheint sich das Süssmuthsche Konzept, das den sogenannten „Lebensschutz“ nicht gegen die Frau, sondern mit der Frau erreichen will, nun auch in Bayern durchgesetzt zu haben. Vielleicht ist das der eigentliche Erfolg des gestrigen Tages. Christian Rath

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