Karl-Theodor zu Guttenberg: Einer für den Wahlkampf
Durch Fachkompetenz ist der neue Wirtschaftsminister Guttenberg bislang nicht aufgefallen. Das macht aber nichts. Denn für CSU-Chef Seehofer sind andere Dinge wichtiger.
Er kann es einfach nicht lassen. Die Methoden, mit denen CSU-Chef Horst Seehofer den Vorgänger aus dem Amt ekelte, wendet er beim Nachfolger sofort wieder an. Der designierte Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg werde bis zur Bundestagswahl gewiss einen guten Job machen, sagte Seehofer bei der Präsentation des Neuen am Montag in München. "Das heißt aber nicht, dass er es automatisch danach auch wieder ist", fügte er hinzu - und ergänzte selbstironisch: "Das ist jetzt wieder schlechter Führungsstil."
Die Episode verdeutlicht nur eines der Probleme, die auf den Neuen im Wirtschaftsministerium warten: Seehofer wird es sich nicht nehmen lassen, weiter von München aus ins Berliner Krisenmanagement hineinzuregieren. Das Koalitionsinteresse spielt für ihn nur eine nachrangige Rolle. Mindestens bis zur Europawahl am 7. Juni steht aus bayerischer Perspektive das politische Überleben der CSU im Zentrum aller Überlegungen. Allenfalls danach kommt dann, mit Blick auf die Bundestagswahl am 27. September, das gemeinsame Interesse der Unonsparteien zum Tragen.
Die Spannung aushalten muss Guttenberg nicht nur zwischen Berlin und München, sondern auch zwischen den verschiedenen wirtschaftspolitischen Polen der Union. Als Teilhaber des Guttenbergschen Familienbetriebs steht der neue Minister von Haus aus dem Wirtschaftsflügel nahe. In seinen raren ökonomischen Verlautbarungen vertrat er stets dessen Positionen. Er baue darauf, dass "die Union unterscheidbarer wird", sagte Guttenberg etwa im Herbst auf einem Kongress der Jungen Union. Dem Linksruck im Land könnten CDU und CSU nicht begegnen, indem sie ihm "hinterherhecheln".
Womöglich ist Guttenberg deshalb besser als andere geeignet, die murrende Klientel von Mittelständlern oder Freiberuflern mit dem etatistischen Management der Wirtschaftskrise auszusöhnen. Die reine Lehre des Wirtschaftsliberalismus wird er jedenfalls kaum vertreten können. Das widerspräche nicht nur der Mahnung von CSU-Übervater Franz Josef Strauß, über die Kaviar-Etage der Gesellschaft die Leberkäs-Fraktion nicht zu vergessen. Es wäre auch angesichts des wachsenden Sicherheitsbedürfnisses in Krisenzeiten kaum durchzuhalten.
In jedem Fall konfliktträchtiger wird durch Guttenbergs Berufung das Zusammenspiel in der großen Koalition von Union und SPD. Die Zeiten, in denen Kanzlerin Angela Merkel und Finanzminister Peer Steinbrück in trauter Eintracht als Krisenmanager auftreten konnten, neigen sich dem Ende zu. Der Neue muss sich profilieren, und deshalb wird er sich stets als Dritter aufs Gruppenfoto drängen und bei den Entscheidungen mitreden wollen. Angesichts der Blockadepolitik, die Seehofer zuletzt in Berlin verfolgte, sind das keine harmonischen Aussichten.
Guttenberg wird damit zu einem Wahlkampfminister im doppelten Sinn. Nicht nur, weil seine Amtszeit vorerst auf die Dauer der Kampagne befristet ist. Sondern auch, weil mit der Verabschiedung des Konjunkturpakets in der laufenden Woche die Gemeinsamkeiten der großen Koalition vorerst aufgebraucht sind und der Wahlkampf beginnt. Zunächst die Kampagne, die die CSU auf eigene Rechnung mit Blick auf die Europawahl führt, dann der Endspurt für die Bundestagswahl.
Auf den Wahlkampf hat sich Guttenberg bisher als Generalsekretär schon bestens präpariert. Aus Seehofers Sicht ist diese Qualifikation wichtiger als Wirtschaftskompetenz.
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