Karl Lauterbach über die Guttenberg-Affäre: "Diese Affäre wird ein Dauerbrenner"
Die Union muss aufpassen. Ihr Verhalten in der Plagiats-Affäre ist nicht vorbildlich. SPD-Politiker Karl Lauterbach über die Konsequenzen für Guttenberg und die CDU/CSU.
taz: Herr Lauterbach, hat die die Guttenberg-Affäre ihren Höhepunkt überschritten?
Karl Lauterbach: Für den Moment ist die Luft raus, das stimmt. Aber nur für den Moment.
Warum?
Die Universität Bayreuth wird prüfen, ob Guttenberg vorsätzlich gefälscht hat. Etwas anderes kann sie sich gar nicht leisten. Und die Universität kann bei dieser Doktorarbeit zu keinem anderen Ergebnis kommen. Wenn sie Guttenberg bewusste Fälschung attestiert, was der ja bestreitet, ist er von Merkel nicht mehr zu halten.
Das kann aber dauern.
Ja, es gibt aber noch eine zweite Angriffsfläche. Die Affäre wird wahrscheinlich ein gerichtliches Nachspiel haben. Wenn Klage wegen Verstosses gegen das Urheberheberrecht erhoben wird und Guttenberg deswegen verurteilt wird, steht wieder die Täuschung auf der Tagesordnung. Guttenberg wird die Frage, ob er gelogen hat, nicht los werden.
Prof. Dr. med. Dr. sc. (Harvard), ist Mitglied des Deutschen Bundestages.
Guttenbergs Popularität scheint von alldem nicht berührt zu sein.
Das mag für viele Leser der Bild-Zeitung noch zutreffen. Aber sehr viele Gebildete sind schon jetzt schockiert von Guttenbergs Verhalten.
Und das wird der Union ernsthaft schaden?
Ja, das wird sie spüren, etwa bei der Wahl in Baden-Württemberg. Dort gibt es viele Universitäten und Fachhochschulen. Ich bekomme viele Mails von Ärzten und Lehrern, die schreiben: Wir haben immer CDU gewählt, aber jetzt reicht es. Für die CDU wird sich ihr Umgang mit der Affäre rächen.
Das sieht die Union ganz anders. Sie glaubt, dass das Schlimmste überstanden ist.
Das ist ein Irrtum. Diese Affäre wird ein Dauerbrenner. Und sie kostet die Union Glaubwürdigkeit, vor allem im konservativen Milieu. Das ist sowieso enttäuscht von der Union, wegen der Abschafffung der Wehrpflicht und der liberalen Familienpolitik. Jetzt auch noch die gefälschte Doktorarbeit. Das greift die bürgerlichen Werte im Kern an.
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