: Kann Liebe Arbeit sein?
■ "Mensch und Arbeit" heißt das Oberthema der Sommer-Uni bei Humboldts. Nachdenken über das Ende der (bezahlten) Arbeit. Podium mit Arbeitssenatorin
Die drastische Situation auf dem Arbeitsmarkt geht auch am Bildungsangebot nicht spurlos vorüber: Mit der Beziehung zwischen Mensch und Arbeit setzen sich ab Montag die Berliner Akademie für weiterbildende Studien e.V. und die Berliner Hochschulen im Rahmen der Sommer-Uni 97 auseinander. Thema der einwöchigen Veranstaltung: Mensch und Arbeit – Einsichten – Absichten – Aussichten. Dozenten der drei großen Universitäten werden dazu Vorträge halten und Diskussionsrunden leiten. Ort des Geschehens ist der Weierstraß-Hörsaal in der Humboldt-Universität.
„Das soll jedoch keine Veranstaltung für zukünftige Arbeitslose sein“, betont Bruno Nerlich, Referatsleiter für Wissenschaftliche Weiterbildung der Humboldt-Universität und Mitorganisator der Sommer-Uni 97. Hintergrund der Veranstaltung seien vielmehr die drastischen Veränderungen, die sich seit einiger Zeit in der Arbeitsgesellschaft abspielen.
„Die Tradition, nach der Schule einen Arbeitsplatz zu finden, den man bis zur Rente behält, ist heutzutage nicht mehr gesichert“, meint Nerlich vom Organisationskomitee der Sommer-Uni. „Wir leben in einer Zeit der Umbrüche“, erklärt er, in der angesichts der über vier Millionen Arbeitslosen andere Verteilungsmechanismen eingeführt werden müßten. Vollzeitjobs würden heutzutage kaum mehr zur Verfügung stehen.
Gleichzeitig würden jedoch noch immer Menschen mit Teilzeitarbeit gesellschaftlich nicht anerkannt. „Die Einstellung ,Ich habe keine volle Arbeit – ich bin kein voller Mensch‘ beherrscht noch immer unser Denken“, stellt Nerling fest. Das Ziel dieser Sommer-Uni sei es nun, eine „Brücke zu einem neuen Denken“ zu schlagen.
Der Präsident der Humboldt- Universität, Hans Meyer, und Sozialsenatorin Beate Hübner eröffnen die diesjährige Sommer-Uni 97 am kommenden Montag. Anschließend hält Udo Simonis vom Wissenschaftszentrum Berlin um 14 Uhr den ersten Vortrag unter dem Titel „Zuwenig Arbeitsplätze – zuviel Arbeit“.
Am Dienstag spricht Bernd Rabehl (FU) über „Ein Recht auf Arbeit – Utopie oder Illusion?“. Unter der Fragestellung „Mensch und Arbeit – Mensch oder Arbeit?“ findet am Samstag um 11 Uhr eine Podiumsdiskussion mit Arbeitssenatorin Christine Bergmann und dem stellvertretenden Vorsitzenden des Deutschen Gewerkschaftsbundes, Bernd Rissmann, statt. Am darauffolgenden Montag wird ab 14 Uhr der Friedensforscher Ulrich Albrecht (Freie Universität) die „Sozialen Folgen der Abwicklung der DDR“ skizzieren. Parallel dazu läuft eine Diskussionsrunde unter der Fragestellung „Können Solidarität und Liebe ,Arbeit‘ sein?“
Beendet wird die Sommer-Uni 97 am Dienstag, 16.9., mit dem Resümee und – so hoffen die Organisatoren – mit einem veränderten Bewußtsein bei den TeilnehmerInnen. „Wir wollen weg von der allgemeinen Lethargie“, formuliert Organisator Bruno Nerlich das ehrgeizige Ziel. Corinna Budras
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