Kandidat für Grünen-Spitze: Ein Neuer für Schwarz-Grün

Auf der Suche nach einem Nachfolger für den scheidenden Parteichef ist die Parteiführung auf den Fraktionsvorsitzenden der Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus gestoßen.

Der neue Reinhard Bütikofer: Volker Ratzmann Bild: dpa

BERLIN taz Der neue Reinhard Bütikofer könnte Volker Ratzmann heißen. Auf der Suche nach einem Nachfolger für den scheidenden Parteichef ist die Parteiführung auf den Fraktionsvorsitzenden der Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus gestoßen. Der 48-jährige Jurist bestätigte am Donnerstag einen entsprechenden Bericht der Süddeutschen Zeitung, hielt sich ansonsten aber bedeckt: "Meine Entscheidung ist noch nicht getroffen", sagte er und fügte vieldeutig hinzu: "Der Parteivorsitz ist eine der spannendsten Aufgaben, die es gibt."

Dass Ratzmanns Name zur selben Zeit fällt wie die Entscheidung für Schwarz-Grün in Hamburg, ist wohl kein Zufall. Ratzmann drängt seit langem darauf, die Berliner Grünen für ein Bündnis mit der CDU und der FDP zu öffnen. Seit der Wahl zum Abgeordnetenhaus Ende 2006 kommen die einstigen ideologischen Todfeinde einander näher. Die drei Oppositionsfraktionen machen gemeinsam Front gegen den rot-roten Senat. Mal veranstalten sie gemeinsam eine "Berlin-Konferenz" zur Zukunft der noch immer armen Hauptstadt, mal führen sie SPD und Linkspartei vor, wenn diese sich gegen die Verleihung der Ehrenbürgerwürde an Wolf Biermann sträuben.

Besonders nahe sind sich Grüne und CDU in Finanzfragen. Zugleich drängt der liberale CDU-Fraktionsvorsitzende Friedbert Pflüger seine Partei dazu, sich in der Integrations- und Innenpolitik grünen Positionen zu nähern.

Dass die Gerüchte über eine Jamaika-Koalition nach der Abgeordnetenhauswahl 2011 nicht verstummen, wird Ratzmann freuen. Der wiederholte am Donnerstag sein Credo: "Die Grünen sind keine sozialdemokratischen Anhängsel."

Ratzmann ist seit 2003 einer von zwei Chefs der Oppositionsfraktion. Der gelernte Strafrechtsanwalt hat sich in der Landespolitik vor allem als Innenexperte mit rhetorischem Talent einen Namen gemacht. Dass der bundesweit bislang kaum Bekannte nun als Nachfolger Reinhard Bütikofers gehandelt wird, liegt auch an seinen exzellenten Kontakten zu Renate Künast. Die Fraktionschefin im Bundestag kann einen wie Ratzmann brauchen, der immer wieder seine Offenheit für neue Bündnisse bewiesen hat.

Die Chancen einer möglichen Kandidatur lassen sich bislang schwer einschätzen. Wegen seines Schwarz-grün-Kurses gilt Ratzmann vielen Berliner Parteifreunden als Taktiker ohne Überzeugungen. In der Bundespartei aber gelten Ratzmann und der Berliner Landesverband als links - der linke Parteiflügel aber stellt mit Claudia Roth bereits eine der beiden Bundesvorsitzenden.

Als Ratzmann seine Fraktionskollegen eilig vom bevorstehenden Medienrummel informierte, betitelte er seine E-Mail mit der Betreffzeile "Eigentlich zu früh …". Angesichts seines widersprüchlichen Images könnten sich die Monate bis zur Kür des Vorsitzenden als gerade lang genug erweisen, um die Grünen von sich zu überzeugen.

MATTHIAS LOHRE

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