Kanada droht mit Handelstreit: Importverbot schmutziger Treibstoffe

Die EU will den Import von Treibstoff aus Teersanden verbieten, Kanada ist dagegen. Die offensiven Drohungen aus Nordamerika scheinen Wirkung zu zeigen.

Durch Teersandgewinnung zerstörte Landschaft im kanadischen Alberta. Bild: imago/LarryMacDougal

BRÜSSEL taz | Die kanadische Regierung hat der EU mit einem Handelsstreit gedroht, sollten die Europäer den Import von Treibstoff aus Teersanden verbieten. Das geht aus Dokumenten hervor, die der Nichtregierungsorganisation Friends of the Earth vorliegen.

In den Briefen, die die kanadische Regierung unter anderem an die EU-Klimakommissarin Connie Hedegaard geschickt haben soll, heißt es: Sollte die EU sich gegen die Teersand-Treibstoffe aussprechen, wolle Kanada alle Möglichkeiten nutzen, seine Interessen zu verteidigen - auch in der Welthandelsorganisation.

Diese Drohgebärden haben offenbar bereits Erfolg. Heute stimmen die EU-Mitgliedsländer in einem Expertentreffen über den Vorschlag der Europäischen Kommission ab, den Import von Treibstoffen aus Teersand zu verbieten. Und es gilt als äußerst unsicher, dass sich die erforderliche Mehrheit für ein Verbot ausspricht. Bisher haben nur eine Handvoll kleinerer Länder ihre Zustimmung signalisiert, darunter Belgien und die skandinavischen Staaten.

"Es wird letztendlich an Großbritannien und Deutschland liegen. Entscheidend wird sein, ob sich die beiden großen Staaten nur enthalten oder ob sie tatsächlich gegen das Verbot stimmen", sagt Franziska Achterberg von Greenpeace. An eine Zustimmung zum Verbot glaubt Achterberg nicht mehr, nachdem der Umweltausschuss im Bundestag mit den Stimmen der Regierungskoalition einen entsprechenden Antrag der Grünen Anfang des Monats abgelehnt hat.

Hohe Krebsrate bei den Ureinwohnern

Teersand gilt als besonders schmutziger Treibstoff. Die CO2-Bilanz von Benzin, dass aus dem öligen Sand gewonnen wird, ist wesentlich schlechter als die von Treibstoff aus herkömmlichem Rohöl. Außerdem hinterlässt die Förderung zerstörte Flächen in den Abbaugebieten; zum Beispiel im kanadischen Bundesstaat Alberta. Die Krebsrate von Ureinwohnern, die flussabwärts von den Fördergebieten leben, ist nach Angaben der kanadischen Klimaschutzorganisation Climate Action Network (CAN) 30-mal höher als in der übrigen Provinz.

"Die kanadische Regierung macht sich zum Sprachrohr der Industrie. Sie hat ganz gezielt die europäische Klimapolitik angegriffen und eine umfassende PR-Strategie entwickelt, um das Image von Teersanden in Europa aufzubessern", sagt Christian Holz vom kanadischen CAN.

Friends of the Earth hat dokumentiert, dass die kanadische Regierung allein im Jahr 2010 in der EU über 100 Veranstaltungen für die Lobbyarbeit organisiert hat, darunter zahlreiche Besuche bei europäischen Entscheidungsträgern. Die deutschen Bundestagsabgeordneten im Umweltausschuss hatten vor ihrer Abstimmung Post vom kanadischen Botschafter in Berlin bekommen, der sie aufforderte, gegen das Importverbot zu stimmen.

Eigentlich ist der Vorschlag zu einem Verbot von Treibstoffen aus Teersand eine logische Konsequenz aus dem Klima-Energiepakt, das die EU-Mitgliedstaaten 2007 verabschiedet haben. Darin hieß es, dass die Treibhausgas-Emissionen pro Megajoule Treibstoff bis 2020 um sechs Prozent gesenkt werden sollen.

Kein Ergebnis als gutes Ergebnis

"Deutschland hat sich sogar ein eigenes Ziel von sieben Prozent gesetzt. Aber bei der Umsetzung bezieht die Bundesregierung keine klare Position. Das ist unverantwortlich", sagt Franziska Achterberg von Greenpeace.

Umwelt- und Klimaschützer hoffen nun, dass sich bei der Abstimmung heute - wenn es schon kein direktes Importverbot gibt - zumindest weder Befürworter noch Gegner durchsetzen. Dann müssten nämlich die zuständigen Umweltminister darüber beraten, und auf deren Ebene sieht Achterberg zumindest eine größere Chance für ein positives Votum.

"Schließlich haben die Minister selbst vor vier Jahren die Entscheidung getroffen, dass die CO2-Emissionen von Treibstoffen in der EU gesenkt werden sollen. Es wäre deshalb nur konsequent, wenn sie nun auch konkrete Schritte dafür einleiten würden", so Achterberg. Die EU-Kommission hofft auf eine endgültige Entscheidung auf Ministerebene bis spätestens Ende Juni.

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