: Kampf ums Überleben
■ Gefängnisse in Ruanda sind überfüllt / In Gitarama starben 1.000 Menschen
Nairobi (AFP) – In einem völlig überfüllten Gefängnis im südruandischen Gitarama sind nach Angaben der Hilfsorganisation „Ärzte ohne Grenzen“ in den vergangenen zehn Monaten fast tausend Häftlinge gestorben. Der Arzt Arnaud Veisse zeichnete gestern in Nairobi ein Schreckensbild von den Zuständen in der Haftanstalt. 7.000 Hutu seien dort in einem Gebäude zusammengepfercht, das für 400 Menschen Raum biete. In dem Gefängnis warten Hutu auf einen Prozeß, die an den Massakern vor einem Jahr beteiligt gewesen sein sollen. Damals waren eine halbe Million Tutsi und Hutu-Oppositionelle getötet worden. Die hohe Todesrate in dem Gefängnis von Gitarama gehe auf Infektionskrankheiten und Verletzungen zurück, die sich die Häftlinge im Kampf um ein wenig Platz zum Überleben gegenseitig zufügten, sagte Veisse.
Von September 1994 bis Mai 1995 seien 902 Gefangene gestorben, im Juni weitere 90. Von den 700 Häftlingen, die ins Krankenhaus gebracht worden seien, sei ein Viertel dort gestorben.
Viele hätten sich die Füße infiziert, weil sie ununterbrochen in Dreck und Wasserpfützen stehen müßten. Die Füße müßten deshalb amputiert werden. Einige verlangten im Krankenhaus, zurück ins Gefängnis gebracht zu werden, um dort schneller sterben zu können, sagte Veisse.
Die Hilfsorganisation forderte die ruandische Regierung auf, die Häftlinge aus Gitarama raschmöglichst in die neuen Gefängnisse zu verlegen, deren Bau sie versprochen hat.
In Ruanda hatten nach den Massakern die Tutsi-Rebellen die Macht übernommen. Die Tutsi- Minderheit hatte am meisten unter den ethnischen Gewalttaten gelitten. In Lagern außerhalb Ruandas leben noch 2,5 Millionen Hutu, die aus Angst vor Vergeltung geflohen waren. Unschuldige leben dort mit militanten Hutu zusammen, die die Macht in ihrer Heimat wieder an sich bringen wollen.
Das UNHCR hat unterdessen angekündigt, es werde am Donnerstag beginnen, 7.000 Hutu nach Ruanda zurückzubringen. Die Rückführung war nach Berichten gestoppt worden, die neue Regierung in Kigali habe 30.000 Hutu willkürlich hingerichtet.
Im benachbarten Burundi, wo sich ebenfalls Hutu und Tutsi gegenüberstehen, wurden bei Überfällen 50 Menschen getötet. Die Polizei machte zunächst keine Angaben darüber, wer die bewaffneten Angreifer waren.
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