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Kampf um Sirte65 Prozent der Stadt unter Kontrolle

Die Kämpfer des libyschen Übergangsrates bereiten sich nun auf einen Häuserkampf mit den letzten Anhängern Gaddafis vor. Diese leisten weiter erbitterten Widerstand.

Sirte unter Beschuss. Bild: reuters

TRIPOLIS/KAIRO dpa | Die Milizen des libyschen Übergangsrates haben nach dem Vorrücken in der Gaddafi-Hochburg Sirte am Wochenende ihre Stellungen behauptet. "Wir kontrollieren jetzt 65 Prozent der Stadt", sagte ein Miliz-Kommandeur dem Nachrichtensender Al-Dschasira. Nach der Einnahme des Universitätsgeländes, eines Konferenzzentrums und des Haupt-Krankenhauses gehe es nun darum, die letzten Gaddafi-Getreuen aus der Innenstadt zu vertreiben.

Die bewaffneten Anhänger des Ex-Diktators Muammar al-Gaddafi leisten weiterhin erbitterten Widerstand. "Es stehen uns Häuserkämpfe bevor, es wird sehr hart werden", sagte ein anderer Miliz-Kommandeur zu Al-Dschasira.

Bei Bani Walid, der zweiten noch verbliebenen Bastion der Gaddafi-Loyalisten, zogen sich die Milizen des Übergangsrates vom Flughafen zurück. Der Schritt erfolgte, nachdem die vormaligen Rebellen schwere Verluste erlitten hatten, berichtete der libysche Fernsehsender Al-Hurra unter Berufung auf Miliz-Kommandeure. Die Anti-Gaddafi-Kämpfer würden sich nun vor der Wüstenstadt 150 Kilometer südöstlich von Tripolis umgruppieren, um einen neuen Angriff zu starten.

Der Übergangsrat versucht seit Wochen, Sirte und Bani Walid unter seine Kontrolle zu bringen. Die in dem Gremium versammelten Politiker sehen dies als Voraussetzung dafür an, um das Land für "befreit" zu erklären und eine reguläre Übergangsregierung auszurufen. Von Gaddafi selbst fehlt jede Spur. Der ehemalige Machthaber ist seit seiner Vertreibung aus Tripolis vor anderthalb Monaten untergetaucht.

Abseits der letzten militärischen Fronten stellt sich in Libyen langsam wieder Normalität ein. So will der österreichische Energiekonzern OMV die Ölproduktion in dem Mittelmeerland gegen Jahresende wieder aufnehmen. "Dies ist in kleinen Feldern, wo wir Beteiligungen haben, möglich", sagte OMV-Sprecher Sven Pusswald der dpa am Montag in Wien. Es werde jedoch noch ein bis eineinhalb Jahre dauern, bis auch die Pumpen in größeren Ölfeldern wieder in Betrieb gehen könnten.

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6 Kommentare

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  • S
    stefan

    @Sapere Aude

     

    Ob die Taz auf der falschen Seite der Geschichte steht, wird sich noch zeigen. Die Geschichte wird vom Sieger geschrieben und der ist noch nicht ausgefochten.

    Dass die Taz NATO Propaganda wiedergibt und das nach wie vor konsequent, wundert doch sehr.

    Es wurde vor ca zwei Wochen dass Massengrab mit 1200 Leichen gemeldet. Nicht nur hier, in allen Medien. Immerhin muss man der Taz zugutehalten, dass sie die, nachweislich billig gefakten Bilder angeblicher menschlicher Überreste, die die Bild brachte, nicht gezeigt hatte. Jetzt, wo Tripolis "befreit" ist, sollte sich der Journalismus doch dafür interessieren und der Sache auf den Grund gehen und Beweise für die Gräuel des Diktators liefern.Dann wären Ihre Bekannten, die das Taz-Abo kündigen wollen, sicher bereit, ihre Meinung zu ändern. Darüber wird aber nicht mehr berichtet.

    Dafür kann es nur zwei Gründe geben. Erstens: Tripolis ist nicht "befreit" und es kann wegen andauernder Kriegshandlungen keine Untersuchung stattfinden. Zweitens: an der Story ist nichts dran.

     

    Was mich obendrein verwundert ist, dass die Taz die afrikanische Dimension des Themas völlig ausblendet, obwohl, lobenswert!, alles über Libyen findet sich im Afrika-Menue und nicht unter Nahost, wie in allen anderen Medien. Gerade deshalb wäre es interessant sich zu vergegenwärtigen, dass Ghadaffis Jamahiria Regierung Nelson Mandela und den ANC bereits zu Zeiten unterstützte, als die meisten der heutigen NATO Staaten Geschäfte mit dem Arpadheidsregime machten.

     

    Genau wie Sie wundert mich, wie die Taz die Meldungen compiled.

  • S
    sonja

    Danke toddi und sapere aude!

  • T
    Tipa

    Die US-NATO bombardiert in rollenden Angriffen. Die taz ist weiterhin die PK der US-NATO-Angreifer. taz meldet: Stalingrad vollständig in taz'scher Hand.Wo bleibt der Bericht über systematische Morde und Folterungen (so A. I.) durch die taz'schen Aggressoren?

  • D
    denker

    es wäre wünschenswert, dass mehr journalisten den mut hätten eins und eins zusammen zu zählen. ist man skeptisch oder ängstlich bezüglich der Qualität von blogs (die deutlich über das "rebel spokesman" und youtube-niveau unserer gebührenfinanzierten ehemaligen Presse hinausgehen) dazu bedarf es nicht mehr, als die offiziellen verlautbarungen genau anzuschauen.

    Was in den meisten Zeitungen ausgeschüttet wird ist Propaganda reinsten Wassers. Unbestätigte undgeprüfte Meldungen unbekannter Protagonisten, ungeprüfte Dokumente werden als Tatsachen verkauft. Selbst wenn man keine besseren Infos hat. Das darf man hinterfragen. Inkongruenzen aufdecken. Das muss man von einer Zeitung auch erwarten! Das erfüllt die taz nicht.

    Leider bestätigt die taz auch hier nicht, wofür sie einst stand.

    Kritischer unabhängiger Journalismus auf der Seite von Humanität und Freiheit.

    Schande.

  • SA
    Sapere Aude

    @toddi

     

    Danke für die Aufklärung. In Libyen läuft derzeit einer der schlimmsten Genozide der jüngeren Menschheitsgeschichte und die TAZ weiterhin auf der falschen Seite der Geschichte. Mir sind bereits funf Leute bekannt die ihr Abo kündigen wollen.

    Doch vielleicht ist ja noch nicht aller Tage Abend, hat doch die Kenntnis der wahren Hintergründe des Genozides an einem anderes Volk, welches niemals für etwas anderes kämpfte als seine Unabhängikeit, zum Umdenken geführt. Vietnam.

    Einen Versuch ist es wert:

     

    "Insiderwissen zum Libyenkrieg

     

    Erstellt am März 25, 2011 von denkbonus

     

     

    Michel Chossudovsky ist Professor der Wirtschaftswissenschaften und lehrt an der kanadischen Universität Ottawa. Als Wirtschaftsberater unterstützte er eine ganze Reihe von Regierungen in Entwicklungsländern, unter anderem auch als Consultant für Entwicklungsprogramme der Vereinten Nationen. Er arbeitete für die Afrikanische Entwicklungsbank, die WHO und die Wirtschaftskommission für Lateinamerika und die Karibik, um nur einige Stationen seines Lebens zu nennen. Heute leitet er das Global Research Center in Montreal und hat Zugang zu Informationen aus Regierungskreisen. Kurzum, der Mann ist ein absoluter Insider, der genau weiß, was er sagt.

     

     

    "Libyen: Grösste Militäroperation seit der Invasion des Irak

     

    Michel Chossudovsky – Unverblümte Lügen der internationalen Medien: Bomben und Raketen werden als Instrumente des Friedens und der Demokratisierung gepriesen: Hier geht es nicht um ein Eingreifen aus humanitären Gründen. Der Krieg in Libyen eröffnet einen neuen Kriegsschauplatz. In der Grossregion Naher und Mittlerer Osten sowie Zentralasien existieren drei unterschiedliche Kriegsschauplätze: Palästina, Afghanistan und der Irak.

     

    Vor unseren Augen entwickelt sich ein vierter Kriegsschauplatz der USA und der NATO in Nordafrika und erhöht das Risiko einer Eskalation. Diese vier Kriegsschauplätze sind funktionell miteinander verbunden; sie sind Teil einer integrierten militärischen Agenda der USA und der NATO.

     

    Die Luftangriffe auf Libyen wurden schon seit Jahren von den Planungsstäben des Pentagon vorbereitet, wie der frühere NATO-Kommandeur General Wesley Clark bestätigte. Operation Odyssey Dawn wird als die „grösste militärische Intervention des Westens in der arabischen Welt seit der Invasion des Irak vor genau acht Jahren“ bezeichnet. („Russia: Stop ›indiscriminate‹ bombing of Libya“, Taiwan News Online, 19. März 2011)"

     

    Ganzer Beitrag unter: https://denkbonus.wordpress.com/2011/03/25/insiderwissen-zum-libyenkrieg/

     

    Und:

     

    "Die Kriegslügen über Libyen sind schlimmer als die über den Irak

     

    Die Lügen, mit denen der NATO-Krieg gegen Libyen gerechtfertigt wird, übertreffen diejenigen, mit denen die Invasion des Irak gerechtfertigt wurde. Sowohl Amnesty International als auch Human Rights Watch hatten nach dem Aufstand im Osten Libyens monatelang jeweils einen ehrlichen Beobachter vor Ort – beide haben sämtliche Anschuldigungen widerlegt, mit denen NATO den Krieg gegen Libyen gerechtfertigt hat."

     

    www.tlaxcala-int.org/article.asp?reference=5406

  • T
    toddi

    Damit auch die "andere Wahrheit nicht zu kurz kommt.

    Zitat (hinter der Fichte) "Sonntag, 9. Oktober 2011

    Libyen: 265 verschwiegene NATO-Luftangriffe auf Zivilisten

    Die Medien schweigen weiter über Bani Walid und über die hohen Verluste in Sirte

    Es fällt wieder auf. Seit Tagen berichteten die Medien nicht mehr über Sirte und Bani Walid. Die NTC-„Rebellen“ waren nicht in der Lage die Städte einzunehmen. In diesen Fällen verstummen die Medien der NATO. Wir kennen das seit dem Beginn der Aggression. In den letzten Tagen wurden die Rückschläge für die NATO mit dem schlechten Wetter begründet. Die Verteidiger des Landes sind seit dem Fall von Tripolis zu einer Partisanentaktik übergegangen. Im ganzen Land, das oft als unter der Kontrolle des NTC dargestellt wird, wird weiter gekämpft. Khamis Gaddafi, der die Moskauer Militärakademie absolviert hat, hat die Erfahrungen der sowjetischen Partisanen gegen die Nazi-Truppen augenscheinlich hervorragend in die Neuzeit umgesetzt. Im ganzen Land einschließlich Tripolis, Misrata, Bengasi gibt es Widerstand und die NTC-Leute sind nicht imstande den Widerstand zu brechen.

     

    Die Bilanz der Luftangriffe

    Im EU-Fernsehen gibt es keine Luftangriffe in Libyen. So fragt auch niemand nach den zivilen Opfern. Aber wir kennen die Zahlen.

    Vom 1. bis 8. Oktober flog die NATO 802 Einsätze mir 265 Luftangriffen. In der Mehrzahl auf Bani Walid; jene Stadt die in den Medien bis heute nicht auftaucht, weil sie erbitterten Widerstand leistet.

     

    Tote Zivilisten

    Die Zivilisten in den Städten werden wahllos aus der Luft und vom Boden aus angegriffen. Viele NATO-Medien unterdrücken jetzt sogar die Bilder von den Pickups die wahllos in die Stadt feuern. Doch auch Panzer und Artillerie sind im Einsatz. Wer mir Bomben und Granaten in eine Stadt feuert begeht Kriegsverbrechen.

     

     

    Der Schutz der Zivilbevölkerung – der angebliche Grund der Invasion –wird so ad absurdum geführt.

     

    Wieder mal "Nach Angaben der Rebellen...."

    Der NTC behauptet heute, man wäre in der Stadt Sirte und kämpfe um das Tagungszentrum. Solche Berichte gab es auch schon vor 10 Tagen. Behalten wir immer im Gedächtnis wie oft schon die Eroberung der Stadtzentren verkündet wurde oder die bevorstehende Gefangennahme von libyschen Repräsentanten. AP berichtet, dass die NTC/NATO-Leute die Stadt beschießen, um Scharfschützen von den Dächern zu vertreiben.

     

    Wie Desinformation durch Ablenken und Verschwiegen funktioniert

    Wenigstens Al Jazeera hat Erfolge zu vermelden. Das macht meist, man merke sich diesen Namen und das Gesicht, Zeina Khodr, die skrupelloseste Märchentante der NATO, die selbst den deutschen Armbruster noch in den Schatten stellt.

     

    Berichte aus den Kulissen - Frau Khodr berichtet am 23. August 2011 vom Grünen Platz in Katar

    Sie moderierte im August malerisch mit dem Stahlhelm auf den Kopf die gefälschten Siegesfeiern vom in Katar aufgebauten „Grünen Platz“ und bringt heute in ihrem Sender angebliche Bilder aus Sabamiyah, einem Stadtteil von Sirte, den der NTC heute übernommen haben soll. Originalton:

     

    „Die Gaddafi-Getreuen sind aus dem Stadtteil geflohen und haben nur „Grüne Bücher“ und Poster des gestürzten Führers zurückgelassen.“

     

    Das klingt belanglos, ist es aber nicht. Wie sieht ein Schlachtfeld wohl aus, wenn es von einer Seite eingenommen wird? Da gibt es keine Leichen? Tote Zivilisten, zerbombte Häuser, Schulen, Infrastruktur? Wo sind eigentlich all die Fotos von den eingenommenen Städten, Dörfern, Oasen? Wenn sie erzählt, es gäbe nur Propagandabücher und keine Opfer ist das eine vorsätzliche Lüge.

    Die Täuschung der Massen ist allumfassend. Keine Bilder – keine Proteste.

    Doch wer es wissen will kann es wissen. In Libyen tobt landesweit ein Aggressionskrieg der NATO unter Zuhilfenahme inländischer Kollaborateure. Weite Teile, wenn nicht die größte Fläche, Libyens sind nicht von der NATO besetzt.

    Der Krieg wird aus der Luft ausschließlich von NATO-Kampfflugzeugen geführt. Am Boden operieren eben nicht Regimenter von Badelatschenträgern die mit schweren Maschinengewehren aus der Hüfte schießen, so wie sie es in Rambo-Filmen gesehen haben. Die Bodentruppen bestehen aus NATO Special Forces, Privatarmee-Söldnern aus NATO-Staaten und arabischen regulären Truppen. Bekannt geworden sind Abschüsse von NATO-Transportern mit Privatsoldaten aus verschiedenen US-Bundesstaaten und NATO- und arabischen Hubschraubern, die Gefangennahme von Soldaten aus Holland, Großbritannien, Frankreich, Katar, Italien und vielen anderen Ländern

    Das von den Medien präsentierte Bild von Libyen hat nichts mit der Realität zu tun. Libyen führt einen verlust- aber erfolgreichen Partisanenkampf gegen die NATO."

    Zitat Ende

     

    Für einen politisch interessierten Menschen gehört die Wahrheitsfindung zu einer der wichtigsten Aufgaben. Dazu hat es sich bewährt beide Seiten anzuhören - dann einfach auf Gefühl und Verstand vertrauen. Und bei Ungerechtigkeit tätig werden.

    Dies soll in diesem Sinne ein Angebot sein.