Kampf gegen das Übergewicht: Sport bringt weniger als gedacht
Eine neue US-Studie identifiziert eine ausgewogene Ernährung als Mittel gegen Übergewicht – und viel wichtiger als Sport. Auch Alkohol und Tabak spielen eine Rolle.
![](https://taz.de/picture/259575/14/fuesse_0708.jpg)
BERLIN taz | Essgewohnheiten entscheiden wesentlich stärker über das Gewicht als körperliche Aktivität. Zu diesem Ergebnis kommen US-Wissenschaftler, die Daten von 120.000 Amerikanern aus 20 Jahren ausgewertet haben. Die Forscher der Harvard Medical School schränken damit das klassische Credo vom "weniger essen, mehr bewegen" ein.
Eine ausgewogene Ernährung mit Gemüse statt Kartoffelchips hilft der Gesundheit demnach mehr als ein Besuch im Fitnessstudio. Bewegung ist trotzdem wichtig – allerdings in deutlich geringerem Maße. Auch Alkohol- und Tabakkonsum sowie Schlafdauer spielen eine große Rolle.
Christiane Groß von der Verbraucherschutzorganisation Foodwatch überraschen diese Ergebnisse nicht: Andere Untersuchungen rückten ebenfalls die Kalorienzufuhr in den Vordergrund. Sie kritisiert die Werbebotschaften der Lebensmittelindustrie: "Solche Studien zeigen, wie absurd die Ausreden der Hersteller sind, wenn sie auf Bewegung verweisen und gleichzeitig hochkalorische Produkte als ,leicht' und ,sportlich' bewerben. Eine solche Werbung, in der häufig Sportler vorkommen und Kinder durch Sammelbilder angesprochen werden, ist irreführend", so Groß. Foodwatch fordert daher verbindliche Nährwertangaben auf Verpackungen durch Ampelfarben. Diese hat das EU-Parlament letztes Jahr allerdings abgelehnt.
Ernährunglobby spricht vom "aufgeklärten Verbraucher"
Die Ernährungsindustrie zweifelt derweil die Ergebnisse der Studie an. "Man kann nicht sagen, dass das eine wichtiger ist als das andere", sagte Andrea Moritz von der Lobby-Organisation Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde (BLL). Es sei ein fatales Signal, wenn die Bedeutung der Bewegung heruntergespielt werde. "Die Bilanz der Kalorienaufnahme und -abgabe muss stimmen", so Moritz. Eine deutlichere Kennzeichnung auf Verpackungen lehnt sie ab: "Man sollte an den aufgeklärten Verbraucher glauben."
Doch Volker Schusdziarra von der Technischen Universität München hält das nicht für ausreichend. "Der Verbraucher hat keine Ahnung von dem, was da draufsteht", sagte der Ernährungsmediziner. Vor allem die Energiedichte, also der Brennwert, sollte seiner Meinung nach angegeben werden, gerne auch als Ampel. "Damit könnte man die Augenwischerei beenden", so Schusdziarra. Zwar zeige die US-Studie nur statistische Zusammenhänge, dennoch halte auch er die Kalorienzufuhr für entscheidend. "Bewegung ist auch beim Abnehmen nur der Juniorpartner der Ernährung."
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Tabubruch der CDU
Einst eine Partei mit Werten
Social-Media-Star im Bundestagswahlkampf
Wie ein Phoenix aus der roten Asche
Trump und die Ukraine
Europa hat die Ukraine verraten
Trump und Putin
Bei Anruf Frieden
80 Jahre nach der Bombardierung
Neonazidemo läuft durch Dresden
Krieg und Rüstung
Klingelnde Kassen