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Kampf gegen Rechts"Ein Signal, das nicht viel nützt"

Dierk Borstel von der Aussteigerorganisation Exit plädiert gegen ein Verbot von Marken, die unter Rechtsextremen als Erkennungszeichen gelten. Besser seien Gespräche und Opferschutz.

Mieter in Friedrichshain protestieren gegen die Eröffnung eines Ladens mit Kleidung der Modemarke "Thor Steinar" Bild: DPA
Interview von Svenja Bergt

taz: Herr Borstel, in Berlin hat der Polizeipräsident seinen Beamten untersagt, zehn Modemarken zu tragen, die angeblich unter Rechtsextremen als Erkennungsmerkmal dienen. Zuvor wurde über ein Verbot einschlägig bekannter Marken an Universitäten diskutiert. Was bringen Verbote?

Dierk Borstel: Zunächst eine Menge Aufmerksamkeit. Generell setzten Verbote zwar ein Signal, nützen aber wenig. Man gibt sich der Illusion hin, man hätte die Probleme damit gelöst. Dabei ist die spannende Frage: Wieso trägt ein Polizist so etwas? Entweder, weil er damit sympathisiert. Dann lässt sich das Problem nicht mittels Verbot lösen. Oder er trägt es, um - etwa auf einer Demo - nicht erkannt zu werden. Dann schützt er sich. Und das ist sein legitimes Interesse.

Das Verbot könnte also sogar kontraproduktiv sein.

Ja, es würde die Kollegen gefährden. Wenn ein Zivilpolizist an einer rechtsextremen Demonstration teilnimmt, begibt er sich in Gefahr, da die Polizei bei Rechtsextremisten nicht hoch geschätzt ist. Ein Verbot ist dann nicht nur kontraproduktiv, sondern auch weltfremd. Denn ein Zivilpolizist sollte ja gerade nicht so gekleidet sein, dass man ihn sofort erkennt.

Ist das das einzige Problem der Verbotsliste?

Es sind auch Marken drauf, die höchst fragwürdig sind. Lonsdale zum Beispiel ist eine Firma, die nicht aus dem rechtsextremen Kontext kommt und die sich mittlerweile eindeutig gegen Rechtsextremismus positioniert. Wenn man das Tor soweit aufmachen will, dann muss man auch gewissen Jeansmarken, die sowohl von Rechtsextremisten als auch Polizisten getragen werden, mit auf die Liste aufnehmen.

Kann ein Verbot dazu führen, dass Menschen ein Bewusstsein für den Hintergrund der Marken entwickeln und nicht aus Unkenntniss damit herumlaufen?

Diejenigen, die diese Marken tragen, wissen meistens genau, was sie da tun. Die Zahl derer, die ein rechtsextremes Erkennungsmerkmal tragen und sich dessen nicht bewusst sind, ist begrenzt - um nicht zu sagen, zu vernachlässigen. Es muss nicht darum gehen, wie der Kopf gestaltet ist, sondern was in dem Kopf drin ist.

Wie lässt sich das ändern?

Nehmen wir eine Schule. Da gibt es einen Schüler mit rechtsextremen Einstellungen. Dem wird verboten, diese oder jene Jacke zu tragen. Meinen Sie, dass Sie damit irgendein Fortschritt bei diesem Jungen erreichen? Selbst wenn er die Jacke zur Seite legt, weil er keinen Stress haben will, hat sich nichts in seinem Kopf verändert. Hier ist es wichtig, eine Diskussion zu ermöglichen und nicht, sie zu verbieten.

Könnte ein Verbot zumindest Konflikte auf dem Schulhof verhindern zwischen Schülern, die durch ihre Kleidung verfeindete Gruppen repräsentieren?

Die Konflikte sind ja auch ohne Erkennungszeichen da. Ein Verbot kann natürlich helfen, wenn eine Gruppe absolute Dominanz hat und es Opfergruppen gibt, die sich bedrängt fühlen. Aber die Realität sieht anders aus: Wenn es an einer Schule zum Beispiel eine Dominanz von rechtsextremen Gruppen gibt und die Schule beschließt, dass die Springestiefel zu Hause bleiben müssen, dann wissen die Opfer trotzdem, mit wem sie es zu tun haben. An der Dominanz hat man nichts verändert, nur an der Ästhetik. Wer hier wirklich etwas ändern will, muss viel differenzierter vorgehen: mit Opferschutz, mit Gesprächen.

Macht es einen Unterschied, ob Jugendliche oder Erwachsene Adressaten des Verbots sind?

Ich glaube, dass die Unterschiede gering sind. Aber bei Jungs gibt es oft einen pubertären Provokationsfaktor. Dann schafft ein Verbot nur den größeren Reiz.

Wenn niemand unbeabsichtigt die Marken trägt, dann hat es also auch keinen Sinn - wie in Friedrichshain - gegen einen Laden zu demonstrieren, der die Marken verkauft?

Die Leute, die hier einkaufen, werden die entsprechenden Marken sonst über das Internet beziehen. Aber es geht auch darum, dass man so einen Treffpunkt nicht in der Nachbarschaft haben will. Und dann sind Proteste tatsächlich sinnvoll.

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