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Kammer: Diplomarbeit reicht

■ Vorstand der Arbeiterkammer zieht Mann vor / Einigungsstelle

Die Bremer Arbeiterkammer ist eine Institution, wie sie keine feministische Kritikerin des „Arbeitnehmerpatriarchats“ besser erfinden könnte: Im siebenköpfigen Gewerkschaftervorstand sitzen nur Männer, alle neuen Abteilungs-und Geschäftsstellenleiter sind Männer, vom Geschlecht des Geschäftsführers gar nicht zu reden.

In der Arbeiterkammer gilt es nun, die Position eines Referenten bzw. einer Referentin für „sektorale und regionale Wirtschaftspolitik“ zu besetzen. Die Umstände dieser Besetzung machen dem Wort vom „Arbeitnehmerpatriarchat“ alle Ehre: Vorgestern, Donnerstag, votierte die Mehrheit der Gewerkschaftsmänner im Vorstand zum zweiten Mal dafür, die ReferentInnen- Stelle mit einem jungen Mann zu besetzen, der ein Examen in Wirtschaftswissenschaften vorweisen kann und der Mitglied der Jungsozialisten ist. Die Vorstandsmänner störten sich dabei nicht daran, daß der junge Mann noch keine einzige Veröffentlichung vorweisen kann und sich auch in der Diplomarbeit nicht mit „sektoraler und regionaler Wirtschaftspolitik“ befaßte. Anderer Meinung war und ist jedoch der Personalrat. Er ist, ebenso wie eine Minderheit unter den Vorstandsmännern, der Auffassung, daß es unter den BewerberInnen jemanden gibt, die weitaus qualifizierter ist als der hoffnungsvolle junge Mann: Dr. Angelina Sörgel, Bremer Wirtschaftswissenschaftlerin mit mehrseitiger Veröffentlichungsliste. Die Ex-Kommunistin mit Uni-Zeitstelle hat für die Grünen als Gutachterin gewirkt und mehrere Regionalstudien erstellt (z.B. „Daimler-Benz. Der Multi im Musterländle“). Sie ist Mitautorin am alternativen Wirtschaftsgutachten (“Memorandum“), hat drei Bücher verfaßt und seit zehn Jahren gewerkschaftliche Bildungsarbeit gemacht. Warum sich Geschäftsführung und Vorstandsmehrheit trotz dieser frappierenden Qualifikationsunterschiede für den männlichen Bewerber aussprechen, mochte Kammer-Geschäftsführer Heinz Möller gegenüber der taz nicht begründen: „Das sind absolut vertrauliche Personalangelegenheiten.“ Möller versicherte jedoch: „Es ist selbstverständlich, daß für uns die Gleichstellung der Frau Maßstab ist.“

Kritische BeobachterInnen vermuten, daß sich Möller und die Vorstandsmänner nicht nur am Geschlecht der Bewerberin Sörgel stoßen, sondern auch daran, daß ihr Gatte als linksgewerkschaftlicher Betriebsratsvorsitzender zu den innergewerkschaftlichen Gegnern zählt.

Der Personalrat hatte wohlweislich schon vor der Vorstandssitzung am Donnerstag die Einigungsstelle angerufen. Als neutralen Vorsitzenden hat der Personalrat den Präsidenten des Landesarbeitsgerichts, Martin Bertzbach, vorgeschlagen.

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