: Kaligrube dichtmachen
■ Aufsichtsrat will trotz gerichtlichen Verbots Bischofferoder Werk schließen
Frankfurt/M. (AP/dpa) – Der Aufsichtsrat der Mitteldeutschen Kali AG (MDK) beschloß auf seiner gestrigen Sitzung die Schließung der Bischofferoder Kaligrube bis Jahresende. Das Arbeitsgericht Eisenach hatte zuvor in einer einstweiligen Verfügung die Schließung des Bergwerkes im thüringischen Bischofferode vorläufig untersagt, Kündigungen dürften zunächst nicht ausgesprochen werden. Diese Unterlassungsverfügung gelte so lange, bis über den Antrag einer Einigungsstelle zwischen der MDK und dem Betriebsrat verhandelt worden sei, was in zwei bis drei Wochen der Fall sein soll.
Der Aufsichtsrat hatte kurzfristig seine Sitzung an einen geheimen Ort verlegt. Denn trotz der angedrohten Kündigung waren gestern morgen rund 500 Kalikumpel aus Bischofferode zur Demonstration nach Frankfurt am Main gefahren. Dort blockierten sie für kurze Zeit die Flughafenstraße. Der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat, Gerhard Jüttemann, weigerte sich aus gesundheitlichen Gründen, zu der Sitzung mitzufliegen. Somit habe er nicht an der Sitzung teilnehmen können. Ein Sprecher des Betriebsrats kündigte an, daß das Sitzungsergebnis deshalb angefochten werde.
Aufsichtsratschef Ulrich Steger erklärte, die Kali-Industrie verfüge mit Bischofferode über doppelt soviel Kapazität wie Absatzmöglichkeiten. Der Verlust pro Arbeitsplatz betrage 30.000 Mark, so daß es fast „billiger wäre, jeden Beschäftigten nach Mallorca zu schicken“. Wenn der Aufsichtsrat jetzt der Schließung von Bischofferode die Zustimmung verweigert hätte, hätte er gegen seine Pflichten verstoßen, meinte Steger.
Die MDK soll mit der Kasseler Kali und Salz AG zum einzigen deutschen Kaliproduzenten verschmolzen werden. Gegen die im Zuge dieser Verschmelzung geplante Schließung der Bischofferoder Grube hatten die Beschäftigten unter anderem einen mehrwöchigen Hungerstreik durchgeführt. Mitte Dezember will auch die Europäische Kommission über die Fusion befinden.
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