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Kahlschlag in MitteWinterthur will Augusta schleifen

■ taz-Serie (Teil 4): In der Schützenstraße soll ein denkmalgeschütztes Gebäude einem Versicherungsneubau weichen / Entscheidung liegt beim Senat

Reichverzierte Giebel zur Schützenstraße hin, zwei Satteldächer in der Charlottenstraße und an der Ecke ein Erker. Alles nur Fassade? „Unter jeglicher Kritik“ findet Dr. Walter Wupperfeld die Räumlichkeiten in der Schützenstraße 6-6a und der Jägerstraße 77. Walter Wupperfeld ist Generaldirektor der Schweizer Winterthur-Versicherungen, die ihre Deutschland-Direktion von München nach Berlin verlegen will. Dem steht jedoch eines der wenigen verbliebenen Jugendstil/Neorenaissance-Gebäude in der südlichen Friedrichstadt im Weg. Krieg und 40 Jahre SED-Wirtschaft, erregt sich der Generaldirektor, hätten das Gebäude so heruntergewirtschaftet, daß im Grunde nur ein Neubau möglich sei oder aber aus dem Gebäude ein Museum zu machen.

Anders sieht das die bezirkliche Denkmalpflege. Sie hat das 1905 von Otto Michaelsen anstelle des „kleinen Central Hotels“ als „Hotel Rother Adler“ errichtete Gebäude, in dem später unter anderem die königliche Staatsanwaltschaft und die „Augusta“ (Allgemeine Deutsche Invaliden- und Lebensversicherung) residierten, unter Schutz gestellt. Begründung: „Der in der Grundstruktur klare Fassadenaufbau wird durch Blendgiebel, Erker, deren Kupferabdeckung, durch aufwendige Bauplastik- Ornamentik und sogar Fassadenmalerei absichtsvoll verunklärt, um das Gebäude aus den benachbarten Geschäftshäusern herauszuheben.“ Ein eigenwilliges Gebäude. Entsprechend eigenwillig bleibt die Denkmalpflege. Sie hat den Abrißantrag der Winterthur- Versicherung abgelehnt.

Der Eigentümer will jedoch in Widerspruch gehen. Die Fassade, gesteht Walter Wupperfeld nun zu, solle erhalten, die Hofbebauung jedoch vollständig entkernt werden. Ob die Senatsbauverwaltung als Widerspruchsinstanz und der Stadtentwicklungssentor, dem der Denkmalschutz untersteht, dem Eigentümer gegenüber standhaft bleiben, darf bezweifelt werden. „Wenn ein Vorgang erst einmal bei der Stadtentwicklungsverwaltung ist“, heißt es aus dem Denkmalamt Mitte, „gerät auch ein Baudenkmal oftmals in Gefahr.“ Der Bezirk Mitte jedenfalls will alles daran setzen, das Gebäude in Gänze zu erhalten.

Baustadträtin Dorothee Dubrau: „Es ist unglaublich, daß Objekte wie dieses überhaupt zur Disposition gestellt werden. Da redet man vom Schloß und der Bauakademie und davon, historische Gebäude wieder aufzubauen, und die stehen, werden abgerissen.“ Uwe Rada

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