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Kahlschlag im chilenischen Wald

Raubbau an den ältesten Wäldern Südamerikas zur Sanierung der Finanzen des chilenischen Militärs / Indianischer Urbevölkerung wird die Existenzgrundlage entzogen / Gerichtsentscheidung im September  ■  Von Wieland Giebel

Berlin (taz) - Mindestens zehn Jahre bevor die Regenwälder Amazoniens zerstört sein werden, werden die chilenischen Wälder vernichtet sein. Wir in Europa brauchen den tropischen Regenwald für unsere Luft - chilenische Indianer leben von den Früchten des heiligen Baums Araukaria. Sie ernten die Pinienkerne für den Eigenbedarf und zum Verkauf. Im Moment noch. Das Tal, das ihnen von ihren Vorfahren vermacht wurde, wird ihnen jetzt von zwei Holzkonzernen streitig gemacht. Ende September entscheidet ein Gericht in Curacautin, wem das Land zufallen wird. Die Aktionsgemeinschaft Solidarische Welt (ASW) will die deutsche Unterstützungsarbeit für die Indianer koordinieren.

„Wenn ich den Lärm der Motorsäge höre, ist das wie ein Schmerz bei mir selbst. Als ob sie einen Arm amputieren. Ohne die Araucaria-Bäume können wir nicht weiterleben. Es wäre besser, die Regierung zu bitten, damit aufzuhören, uns umzubringen. Denn wir leben mit den Bäumen. Ohne den Wald können wir nicht überleben. Wir müssen die Pinienkerne sammeln.“ Der 55jährige Indianer Melinir spricht spanisch nur gebrochen und unter großer Mühe. Seine Muttersprache ist mapudungo. Die Bäume stehen doppelt unter Naturschutz: nach einem chilenischen Gesetz von 1976 und zusätzlich durch die internationale Vereinbarung von Cites, wonach der Export ins Ausland untersagt ist. Trotzdem erließ die Regierung Ende 1987 ein Dekret, das die forstwirtschaftliche Nutzung des Landes erlaubt. Der Hintergrund: das Militär will seine maroden Finanzen sanieren. Die Ausfuhrerlöse für Holz stiegen von 47 Millionen US-Dollar 1970 auf 334 Mio. Dollar 1986. Allein von 1987 bis 1988 stieg die Exportquote nochmal um fast 50 Prozent.

Die Wälder in dieser Region sind die ältesten Südamerikas. 1.000 bis 1.500 Jahre alt, aber für die Holzindustrie nicht von großem Interesse. Denn für die Holzproduktion werden in Monokultur schnellwachsende Fichten angebaut. Dieser Eingriff ins Ökosystem hat weitreichende Folgen: der Grundwasserspiegel sinkt, Wasserläufe trocknen aus, die Überlebenschancen der Bevölkerung sinken schon dadurch. Aber das ist noch nicht alles. In den Fichten können sich die großen Greifvögel nicht halten, die natürlichen Feinde der Kaninchen. In den gerodeten Gebieten kam es daher zur Kaninchenplage.

Vor vier Wochen sind zwei Delegierte der Indio-Gemeinschaft Quinquen zum ersten Mal nach Santiago gekommen, um bei der Naturschutzorganisation Codeff Unterstützung zu erbitten. Von zwei Anwälten der Region waren ihnen schon 300.000 Pesos abgenommen wurden, für die drei Petitionen formuliert wurden. Codeff bat die ASW um dringende Hilfe. Inzwischen ist Informationsmaterial vorbereitet: ASW, Hedemannstraße 14, 1000 Berlin 61, Tel. (030) 2510265.

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