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Kahle Metropole?

Schlußfolgerungen nach dem Baumspaziergang im Tiergarten  ■ KOMMENTAR

„Metropole“ und „Hauptstadt“ brummt und hupt es von allen Seiten. Alles was jedoch durch die jahrelange Arbeit von Umwelt-Bürgerinitiativen erreicht schien, droht nun im Taumel der neuerrungenen Freiheit unterzugehen. Schon rufen sie wieder nach „freier Fahrt für freie Bürger“ und ziehen alte Westtangenten-Pläne aus der Tasche.

Auch denen, die durch das Wahlergebnis zu Nahverkehrsförderung verpflichtet wurden, fällt nichts anderes ein als ein Zentralbahnhof nördlich des Tiergartens, was eine Untertunnelung desselben von Ost nach West und von Nord nach Süd bedeuten würde. Die Grüntangentenplanung quer durch die Stadt, nicht aus Daffke, sondern aus der Einsicht heraus entstanden, daß auch der Weltbürger sich ab und zu erholen muß, wird schon wieder diskutiert.

Die Bäume an den Straßenrändern unserer ach so grünen Stadt Berlin sind schwerkrank, durch Tausalze, undichte Gasleitungen, Auspuffgase und Ozoneinwirkungen zur fast leblosen Staffage verkommen. Alte Bäume, sicher nicht zufällig Symbol des Lebens, sterben im Tiergarten. Ihre Zellmembranen halten die Folgen unserer Mobilität nicht mehr aus. Unsere vernagelten Köpfe glauben offensichtlich, daß das nichts mit uns und unserer Gesundheit zu tun hätte.

Entweder wir gehen zu Fuß, was dann aber die innerstädtische Grünfläche geradezu notwendig macht, oder wir fahren weiter mit dem Auto: das heißt auf absehbare Zukunft, daß Berlin ein steinerner Moloch mit kranken, röchelnden Metropolenbewohnern sein wird. Eine Hauptstadt vielleicht, aber eine kahle.

Sigrid Bellack

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