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Kämpfe in AfghanistanWieder zivile Opfer bei Nato-Angriff

Afghanische Gouverneure üben scharfe Kritik an der Isaf-Truppe: Zwei Frauen und zwölf Kinder sollen am Sonntag beim Beschuss von Häusern in Helmand gestorben sein.

Trauer: Angehörige der Toten in der Provinz Helmand. Bild: dpa

ISLAMABAD taz | Afghanische Gouverneure erheben schwere Vorwürfe gegen die von der Nato geführte Isaf-Truppe: Ein Nato-Hubschrauber soll in der Nacht zu Sonntag in der südlichen Provinz Helmand 14 Zivilisten, darunter zwei Frauen und zwölf Kinder, beim Beschuss zweier Häuser getötet haben.

Der Sprecher des Gouverneurs, Daud Ahmadi, sagte laut Agenturen am Sonntag, der Hubschrauber sei nach einem Taliban-Angriff von US-Soldaten gerufen worden. Er habe zwei Raketen auf die Gebäude abgefeuert. Weitere drei Kinder, eine Frau und ein Mann wurden bei dem Angriff im Distrikt Nawsad verletzt, so Ahmadi.

Ebenfalls am Sonntag warf der Gouverneur der nordöstlichen Provinz Nuristan der Nato vor, bei Kämpfen "versehentlich" 18 Zivilisten und 20 Polizisten getötet zu haben. Der Vorfall soll sich bereits am Donnerstag ereignet haben.

Laut Gouverneur Dschallamuddin Badr sollen Taliban, denen die Munition ausging, Dorfbewohner als "menschliche Schutzschilde" missbraucht haben. Dabei seien die Polizisten versehentlich von der Nato bombardiert worden. Die schweren Kämpfe dort hatten bereits vor einer Woche begonnen. Ein Nato-Sprecher sagte, er kenne die Vorwürfe. Die Vorfälle würden untersucht. Nach Helmand sei bereits ein Team unterwegs.

Zivile Opfer schwächen afghanische Regierung

Bei Isaf-Angriffen gibt es immer wieder zivile Opfer, was in der Bevölkerung zu Protesten führt. Dadurch gerät auch die afghanische Regierung in eine schwierige Position, die von den Nato-Truppen mehr Sorgfalt verlangt. Diese hatten auch unter ihrem früheren Kommandeur Stanley McChrystal ihre Einsatzregeln verschärft.

Trotzdem kommt es immer wieder zu umstrittenen Vorfällen. Oft ist dabei strittig, wer überhaupt ein Talib ist. Zuletzt führte eine nächtliche Razzia in Talokan (Provinz Takhar), bei der vier Personen, darunter zwei Frauen, erschossen wurden, am 18. und 19. Mai zu Protesten vor einem Bundeswehrlager. Als aus der Menge Handgranaten geworfen wurden, schossen afghanische Wachen wie deutsche Soldaten in die Menge. 17 Menschen wurden getötet.

Präsident Hamid Karsai forderte am Samstag, dass nächtliche Razzien künftig nur noch von Afghanen durchgeführt werden dürfen. Ob er dies mit der Nato abgesprochen hatte und ob diese dem zustimmt, blieb offen.

Selbstmordanschlag bei Sicherheitstreffen

Der Umgang mit gewalttätigen Demonstrationen soll am Samstag auch auf der Tagesordnung eines hochrangigen Sicherheitstreffens in Talokan gestanden haben. Dort traf sich der deutsche Kommandeur des Isaf-Regionalkommandos Nord, Generalmajor Markus Kneip, mit einheimischen regionalen Polizei- und Militärführern.

Nach dem Treffen im ersten Stock des Gourverneurssitzes soll Augenzeugenberichten zufolge ein Selbstmordattentäter in Polizeiuniform im Erdgeschoss eine Bombe gezündet haben, als die Delegation das Gebäude verlassen wollte. Dabei starb der Polizeichef der Nordregion, der frühere Warlord und frühere stellvertretende Innenminister Mohammad Daud Daud. Er war eine der mächtigsten Personen im Einsatzgebiet der Bundeswehr. Desweiteren starben der Polizeichef von Takhar und zwei Bundeswehrsoldaten, neun Personen wurden verletzt. Zu den Verletzten zählt auch General Markus Kneip.

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10 Kommentare

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  • K
    kiheragmxde

    Warum wählen die Nörglich eigentlich nicht ***alle

    *Die Linken *??

    Warum stehen die Linken auf dem Wahlzettel eigentlich nicht oben an ersteer Stelle ??

  • G
    Glory_of_67

    Hätte bei der Heimkehr einer gegen den deutschen Faschismus kämpfenden amerik./britschen Bomberstaffel

    die Gutmenschenpostille wieder zivile deutsche Opfer bejammert, hätten wir heute noch eine natinalsozialistisches Terrorregime. Betrachtet man die ideologische Nähe der heutigen Linken und der heutigen Faschisten – inbesonders in Hinsicht auf Israel – wäre das für einige Linke aber sicher kein Problem.

  • E
    Ewald

    Jeder getötete Zivilist in Afghanistan erzeugt 10-20 potentielle Talibankämpfer aus dem Verwandschafts und Bekanntschaftskreis der Getöteten. Gewalt produziert nur die Gegengewalt und Hass. Und so hört der Krieg auf der Erde niemals auf.Der spielt etlichen viel Gewinne in die Hand. Und mit Bomben kann jeder Feigling kämpfen. Die Parteien, die für den Krieg sind ( Politik durch Krieg ) sind scheinbar nicht weit vom Faschismus weg und vertreten den militärischen Imperialismus. Meine Meinung. Kann mich irren. Der ehemalige Bundespräsident Dr. Köhler hat sich ehrlich ausgedrückt als er gesagt hat, das wir im Krieg hauptsächlich wegen den wirtschaftlichen Interessen sind. Und das Schicksal der Heimischen ist den Kriegern egal. Und solche Parteien ( in Deutschland !!! ) haben die Mehrheit des Volkes hinter sich. Unfassbar.

  • R
    Rod

    Leider berichten Sie nicht die vollständige Wahrheit. Die Wahrheit ist, dass sich Taliban-Terroristen bewußt in der Nähe von Zivileinrichtungen verstecken, damit es genau zivile Opfer gibt. Taliban-Terroristen verstecken sich auch gerne in der Bevölkerung. Weiterhin ist bekannt, dass Taliban auch Kinder auf sehr schäbige Weise einsetzen. Sie werden nur mit Sprengstoffatrappen unhängt und dann den Soldaten entgegengeschickt, um zu provozieren, dass diese in den Attrappen Sprengstoff vermuten und auf das Kind schießen. Es ist aber auch schon vorgekommen, dass Kinder tatsächlich mit echtem Sprengstoff umgurtet den Soldaten entgegengeschickt wurden.

     

    Dann wollen wir nicht vergessen, warum diese Einsätze überhaupt notwendig sind. Würden die Taliban und Al Kaeda nicht diesen schrecklichen Terrorkrieg führen, dann müßte man sie auch nicht verfolgen. Die direkten Urheber von Zivilien Opfer sind immer noch die Taliban und Al Kaeda!

  • A
    Andy

    Deutschland ist im Krieg, anders kann man das nicht ausdrücken. Immer wieder werden deutsche Soldaten getötet und hier auch wieder Zivilisten und Kinder. Wieso haben wir das Recht das zu tun und niemand muß Konsequenzen fürchten?

  • V
    vic

    Wenn die BRD vor diesen Kriegen überhaupt Gegner in dieser Region hatte, waren es vereinzelte. Inzwischen ist es ein ganzes Volk, was ich nachvollziehen kann.

    Es sind nicht nur die USA, die wahllos Menschen abschlachten, es sind auch Leute wie Oberst Klein. Und viele, über die nichts nach außen dringt.

    Bravo, Bundesregierung. Super Strategie.

  • RM
    Regine Metes

    Man muß sich immer wieder fragen, was eigentlich in den Köpfen der Politiker vor sich geht, die sich jetzt offensichtlich auf Auslandseinsätze einschießen.

    Sind wir wie damals 1914 und vorher: Stichwort: Kolonien,auf der Suche nach "Dem Platz an der Sonne" (so hieß das damals)?

    Der Platz unserer Politiker ist Europa - und Europa sollte sich nicht zu imperialistischen Exkursionen hinreißen lassen, eher sollte es im Innern aufräumen und mit Länder wie Afrika als Partner kooperieren.

    Es sollte allmählich hinlänglich bekannt sein, wozu es führt, wenn man wie die Amis "Weltmachtansprüche" anmeldet. Das ist keine Basis. Es führt eher dazu, daß sich der Widerstand in den verschiedenen Regionen stark macht - und der Widerstand ist, weil er durch die Unterdrückung des Westens entstanden ist, dem Westen nicht wohlgesonnen.

    Wir brauche keine Kriege sondern mehr Gerechtigkeit und einen fairen Welthandel.

  • D
    denkmal

    Ebenso werde ich geradezu wütend, wenn ich erleben muß, wie man sich insbesondere bei uns in Deutschland verhält, wie man sich eine Meinung bildet und wie Nachrichten vermittelt werden.

    Eine (neu)-gierige Presse erwartet genaueste Berichte und Ergebnisse einer Ursachenforschung möglichst noch bevor das Geschehnis erfolgt ist, häufig unter völliger Abwesenheit jeglicher Sachkenntnis oder unter Einschluß vorgeprägter Meinung statt Fachwissen.

    Von gewisser Seite, insbesondere von einigen Politikern werden geradezu haarsträubende Handlungsweisen für Soldaten und deren Führungskräften erwartet, die nie erfüllt werden können. Man gewinnt den Eindruck, daß die „Ströbeles“ am liebsten jedem Soldaten eine Rechtsanwalt, einen Staatsanwalt und einen Richter zuordnen möchten, Dinge, die nicht nur praxisfern und absurd-, sondern für die Soldaten lebensgefährlich sind.

    Niemand will einen willkürlichen und unverhältnismäßigen Waffeneinsatz, es gehört jedoch nach Absurdistan, wenn z.B. die Panzerhaubitze 2000 für viel Geld nach Afghanistan transportiert wurde, dort aber nicht angemessen eingesetzt wird, oder die angemessene Schutzausrüstung für Fahrzeuge aus Kostengründen verzögert wird. Für diese Entscheider ist dem Anschein nach wohl das Leben unserer Soldaten billiger ???

    Verbesserung der Kommunikation hilft, Operationen sicherer zu machen.

    Nicht nur absurd, geradezu gefährlich ist es, wenn Sachwalter, deren lauthalses Gebaren im reziproken Verhältnis zu ihren Fähigkeiten steht u.a. verlangen, daß tote Muslime exhumiert werden, ein Ansinnen, das derart gegen die Vorschriften des Koran verstößt, daß es geeignet ist, neue Feindseligkeiten zu verursachen.

    Es wäre Afghanistan und auch unseren Soldaten viel mehr gedient, wenn man auch in der Presse präziser zwischen Ursache und Wirkung unterschiede. Wenn berichtet wird, daß unbeteiligte durch Angriffe getötet wurden, sollte auch in Betracht gezogen werden, daß es zur Taktik der „Gotteskrieger“ gehört, Zivilisten als Schutzschild zu nehmen. Deren Beschuß wird von ihnen provoziert um bei „Erfolg“ in der Bevölkerung zu kolportieren, daß die Feinde des Afghanischen Volkes wieder einmal gemordet haben.

    Die „Gotteskrieger“ selbst haben keine Hemmungen, die schlimmsten Attentate auf Märkten und gar bei/in Moscheen zu begehen.

    Von den „Verantwortlichen“ Afghanen sollte man erwarten, daß sie diese Zusammenhänge erkennen und entsprechend argumentativ bei ihren Landsleuten einsetzen.

  • R
    repräsentanten

    wie sagte unser minister gestern: "töten und sterben gehören dazu" - wow, wie nennt sich eigentlich diese terrorreligion? ja, kapitalismus heißt frieden

  • H
    herbert

    Solche Kollateralschäden sind inakzeptabel, und sie schaden Deutschland. Doch der neue Kriegsminister De Maizière hat erst kürzlich betont das es keinen schnellen Abzug aus Afghanistan geben werde. Alle im Bundestag vertretenen Parteien (inkl. die Grünen) haben sich für mehr Auslandseinsätze der Bundeswehr ausgesprochen- nur die Linke ist dagegen.