Kämpfe im Sudan: Bombenangriffe und Bodenoffensive
Die nordsudanesiche Armee besetzt die zwischen Nord und Süd heftig umstrittene Grenzregion Abyei. Die UNO protestiert, ist aber zunächst machtlos.
BERLIN taz | Zwischen Sudan und dem demnächst unabhängigen Südsudan sind schwere Kämpfe ausgebrochen. In der heftigsten militärischen Konfrontation zwischen den beiden Teilstaaten, seit der Süden im Januar bei einem Referendum für die Unabhängigkeit stimmte, besetzten Einheiten der Regierungsarmee des Nordens am Wochenende die Grenzregion Abyei.
Man habe "zum Sonnenuntergang die Stadt Abyei erreicht, die Kontrolle gesichert und den Feind nach Süden vertrieben", erklärte ein Militärsprecher in Khartum am Samstag im Staatsfernsehen. Ein Journalist in Abyei berichtete, er sei im Hauptquartier der UNO und dieses sei von 15 Panzern umstellt. Die UN-Mission im Sudan (Unmis) äußerte "tiefe Besorgnis".
Abyei, wo sich sesshafte südsudanesische Bauern und nordsudanesische Nomadenvölker die Landnutzung teilen und auch viel Erdöl gefördert wird, ist eine von mehreren Regionen im Zentrum Sudans, deren Zugehörigkeit zu Nord oder Süd ausgeklammert wurde, als 2005 Nord- und Südsudan Frieden schlossen. Während der Südsudan am 9. Januar 2011 für die Unabhängigkeit stimmte, wurden Vereinbarungen, in Abyei sowie anderen umstrittenen Landesteilen eigene Volksabstimmungen abzuhalten, nicht umgesetzt.
Stattdessen rivalisieren beide Seiten in einer Politik des Auftrumpfens. In den Nuba-Bergen, die im Norden liegen, aber von Südsudanesen besiedelt sind, gingen vorletzte Woche von Khartum organisierte und vom Süden nicht anerkannte eigene "Wahlen" zu Ende. In Abyei organisierte die lokale südsudanesische Verwaltung am vergangenen Dienstag ein Volksfest zum 28. Gründungstag der Südsudan-Befreiungsarmee SPLA (Sudanesische Volksbefreiungsarmee).
Kämpfe um Abyei gab es direkt nach dem südsudanesischen Unabhängigkeitsreferendum. Die UN-Mission vereinbarte den Abzug aller Truppen beider Seiten aus Abyei bis spätestens dieses Wochenende. Am vergangenen Donnerstag soll ein abziehender nordsudanesischer Armeekonvoi unter UN-Schutz von Südsudans Truppen angegriffen worden sein, wobei 22 Soldaten getötet worden sein sollen.
Daraufhin flog Sudans Luftwaffe am Freitag Angriffe auf mehrere Dörfer, und am Samstag begann eine Bodenoffensive. Die militärischen Fakten, die Khartum geschaffen hat, kommen pünktlich zu einem Besuch des UN-Sicherheitsrats. Am Montag sollten die UN-Diplomaten Abyei besuchen. Daraus wird wohl nichts.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Leak zu Zwei-Klassen-Struktur beim BSW
Sahras Knechte
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen
Friedensforscherin
„Wir können nicht so tun, als lebten wir in Frieden“
Nach Hitlergruß von Trump-Berater Bannon
Rechtspopulist Bardella sagt Rede ab
CDU-Chef Friedrich Merz
Friedrich der Mittelgroße
Wahlentscheidung
Mit dem Wahl-O-Mat auf Weltrettung