Kämpfe an innersudanesischer Grenze: In Abyei hält der Frieden nicht
Zum Auftakt des südsudanesischen Unabhängigkeitsreferendums wird in der zwischen Nord und Süd umstrittenen Ölregion Abyei gekämpft. Dutzende Menschen starben.
JUBA taz | In Abyei, der umstrittenen Grenzregion zwischen Nord- und Südsudan, ist es zum Auftakt des südsudanesischen Unabhängigkeitsreferendums offenbar zu bewaffneten Zusammenstößen gekommen. Bereits am Freitag bekämpften sich nordwestlich der Stadt Abyei bewaffnete Kämpfer der vom Norden unterstützten Misseriya gegen Kämpfer der südsudanesischen Dinka und Soldaten der JIU, der sogenannten Gemeinsamen Integrierten Einheiten der nord- und südsudanesischen Armeen. Am Wochenende gingen diese Konflikte weiter.
Abyei ist als ölreiche Region bekannt: Zur Sicherung der Ölförderanlagen sowie der Pipelines war es schon zu Kriegszeiten für beide Kriegsparteien entscheidend, welche Volksgruppen in den Ölgebieten beheimatet sind. Heute geht es dort vor allem um Weiderechte, sagt Südsudans Minister für Regionale Kooperation, Deng Alor, der aus Abyei stammt. Die Misseriya sind Nomaden aus dem Norden, die mehrmals pro Jahr mit ihren Rinderherden an die Wasserstellen im Süden ziehen und dabei die noch nicht endgültig festgelegte Grenze zwischen Nord- und Südsudan überqueren.
Ihre zukünftige Staatsbürgerschaft ist noch immer nicht geklärt. Deswegen findet in Abyei auch kein Referendum statt. Die JIU-Einheiten sind gemeinsame Verbände von Nord und Süd, deren Soldaten meist aus Rebellengruppen rekrutiert wurden, die weder zur Nord- noch zur Südarmee gehören. Der Großteil dieser Soldaten sind jedoch Südler.
Inzwischen werden die Misseriya vom Norden mit Waffen ausgerüstet und die Dinka vom Süden, heißt es in Juba. Bei einer Abyei-Konferenz hätten die Dinka jüngst den Misseriya verboten, ihre Rinder nach Abyei zu führen, bevor sie selbst nicht die nächste Ernte eingeholt hätten, erklärt Minister Alor. Er warnt: "Sobald das Wasser im Norden knapp wird, werden die Misseriya an die Wasserstellen in die Dinka-Region vorstoßen, dann wird es dort Krieg geben.
Dies ist nun wahrscheinlich geschehen. Am Samstag kam es 14 Kilometer nördlich von Abyei zu Kämpfen. Südsudans Polizeisprecher Biar Mading sagt, diese Informationen seien sensibel und nicht endgültig bestätigt, deswegen könne er über eine mögliche Verwicklung der südsudanesischen Polizeitruppen sowie über elf tote Polizisten, von denen in ersten Berichten die Rede war, noch nichts sagen.
Die arabische Khartumer Zeitung Al-Sahafah meldete unter Berufung auf einen Dinka-Ngok-Sprecher 49 Tote, die Nachrichtenagentur Reuters unter Berufung auf einen Misseriya-Führer 23 Tote. Südsudans Armeesprecher Philipp Aguer spricht von mehr als 20 Toten. Andere Quellen geben die Todeszahlen allerdings deutlich niedriger an.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste