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Kabinett beschließt LachgasverbotSchluss mit lustig

Lachgas wird als Partydroge immer beliebter. Ein neues Gesetz soll jetzt den Verkauf einschränken. Auch für K.-o.-Tropfen kommen neue Regeln.

Ist gar nicht mal so lustig: Lachgas wird zunehmend aggressiv auch bei jüngeren Zielgruppen beworben Foto: Romain Boulanger/picture alliance

Mit wenigen Klicks ist das „Starterkit Lachgas“ bestellt: Für etwa 30 Euro bietet der Versandhandel zehn Kapseln an, die nur vermeintlich zum Sahneschäumen genutzt werden sollen. Denn dazu gibt es einen „Cracker“, mit dem man die Kapseln öffnen kann und einige bunte Luftballons, über die man das Gas ein- und ausatmen kann, für einen kurzen, intensiven Rausch.

Für einen kleinen Aufpreis gibt es das Set sogar mit Geschmacksrichtung Mango, Pfirsich oder Banane, Lieferung innerhalb von 24 Stunden, verspricht der Anbieter. Eine Altersprüfung gibt es nicht, es genügt, ein Häkchen zu setzen, das die Volljährigkeit bestätigt, alles kinderleicht.

Das soll sich bald ändern: Am Mittwoch hat das Bundeskabinett ein Verbot von Lachgas als Partydroge beschlossen. „Gerade für Kinder und Jugendliche ist der Konsum mit hohen gesundheitlichen Risiken verbunden“, erklärte Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU). „Die Folgen können gravierend sein, etwa Gefrierverletzungen oder Bewusstlosigkeit – bis hin zu bleibenden neurologischen Schäden“.

Sprühsahne bleibt erlaubt

Die Abgabe von Lachgas an Kinder und Jugendliche soll demnach künftig verboten sein. Zudem darf Lachgas nicht mehr über den Versandhandel und Automaten verkauft werden. Der Verkauf von Kartuschen mit einer Füllmenge von mehr als 8 Gramm soll verboten werden. Sprühsahne in Flaschen, für die es nur wenige Gramm Lachgas braucht, bleibt erlaubt.

Das Lachgasverbot ist das erste Gesetz in Warkens Amtszeit. Neu ist das Vorhaben aber nicht – schon Warkens Vorgänger Karl Lauterbach (SPD) hatte an einer Regelung gearbeitet. Die Umsetzung scheiterte jedoch am vorzeitigen Ende der Ampelkoalition. Doch es herrscht weitgehende Einigkeit darüber, dass das Gesetz kommen soll. Einige Länder und Städte haben bereits eigene Verbote verabschiedet.

Kon­su­men­t*in­nen, die Lachgas als Partydroge nutzen, atmen das Gas über einen Luftballon mehrere Male ein und aus. Es entsteht ein kurzer Rausch, ein euphorisches Gefühl, viele müssen kichern oder lachen. Die Kapseln sind seit Jahrzehnten frei verkäuflich – Sahnekapseln als Partydroge sind kein neues Phänomen. Doch in den letzten Jahren haben Hersteller und Verkaufsstellen begonnen, das Gas offensiver als Droge anzubieten – in größeren Kapseln, fruchtigen Geschmacksrichtungen, mit bunten Aufdrucken, in Kiosken und an Automaten.

Eine Umfrage des Frankfurter Centre for Drug Research von 2023 ergab, dass 17 Prozent der befragten Jugendlichen schon einmal Lachgas inhaliert haben, 6 Prozent von ihnen erst kürzlich. Der Lachgaskonsum habe zugenommen, bestätigt auch Suchtforscher Timo Bonengel: „Es ist immer ein Problem, wenn solche Substanzen besonders jugendfreundlich vermarktet werden.“

Akute Vergiftungen mit Lachgas sind selten. Wenn es jedoch häufig und über einen längeren Zeitraum konsumiert wird, können Gehirn- und Nervenschäden entstehen. Denn Lachgas hemmt in Blut- und Nervenzellen die Verwertung von Vitamin B12, das eine wichtige Rolle etwa bei der Nerven- und Blutbildung spielt. In einzelnen Fällen kann es zu dauerhaften Lähmungen kommen.

Verbote auch für K.-o.-Tropfen

Auch der Verkauf der bislang frei verfügbaren chemischen Stoffe BDO und GBL soll durch die Gesetzesänderung künftig eingeschränkt werden. Denn sie können zur Herstellung von geruch- und geschmackslosen K.-o.-Tropfen genutzt werden. Tä­te­r*in­nen geben diese unbemerkt, etwa in Getränke, Betroffenen wird schwindelig, sie können bewegungsunfähig werden, das Bewusstsein verlieren und später Gedächtnislücken haben. Tä­te­r*in­nen nutzen die Wehrlosigkeit oftmals für Vergewaltigungen oder um ihre Opfer auszurauben.

„Vermeintlich harmlose Industriechemikalien dürfen nicht länger missbraucht werden“, erklärte Warken. Ausnahmen sind vorgesehen, solange ein Missbrauch ausgeschlossen werden kann, denn die Chemikalien werden auch in der Industrie genutzt. Das soll etwa dann der Fall sein, wenn die Menge des Stoffes im fertigen Produkt sehr gering ist. So ist beispielsweise die Verwendung von GBL in Nagellackentfernern weiter erlaubt.

Im Herbst soll das Gesetz verabschiedet werden und noch in diesem Jahr in Kraft treten. Etwas Kritik kommt nur von der Opposition: „Wie bei anderen Substanzen gilt auch bei Lachgas, dass Substanzverbote das Problem nicht lösen“, sagt Ates Gürpinar, drogenpolitischer Sprecher der Linken. Es brauche stattdessen konsequenten Jugendschutz und einen eng kontrollierten Markt. Bei den K.-o.-Tropfen brauche es eher noch mehr Maßnahmen, wie etwa Sicherheitskonzepte in den Clubs und mehr Aufklärung: „Wir reden hier von einer Substanz, die auch als Waffe eingesetzt wird“, so Gürpinar. Eigentlich müsste sie dann als solche behandelt werden. „Alle, insbesondere Frauen und Queers, sollen sich beim Feiern sicher fühlen können.“

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1 Kommentar

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  • Hauptsache Staat und Industrie verdienen kräftig weiter an Volksdroge Nummer 1 Alkohol und seinen verheerenden gesundheitlichen und gesellschaftlichen Folgen.