Kabinett beschließt Hartz IV-Sätze: Erste Hürde genommen
Das Kabinett beschließt die Änderungen für Hartz IV - mit den Stimmen der CSU. Jetzt muss Arbeitsministerin von der Leyen mit der SPD verhandeln.
Die Regierung hat am Mittwoch die Neuberechnung der Hartz-IV-Sätze und das Bildungspaket für Kinder aus Hartz-IV-Familien beschlossen. "Der Gesetzentwurf ist umfassend und gut", sagte Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU). Mit den Sachleistungen des Bildungspakets sei ein "Paradigmenwechsel" gelungen: "Es gibt jetzt die Möglichkeit, dass Kinder die Leistung direkt bekommen."
Zuvor hatte sich die Koalition auf Änderungen am Bildungspaket verständigt. So erhalten künftig auch die rund 300.000 Kinder aus Familien, die nicht Hartz IV, sondern den Kinderzuschlag bekommen, das Paket "in seiner Gänze", sagte von der Leyen. Dafür ist mehr Geld eingeplant: 700 Millionen Euro statt 620 Millionen Euro für 2011. Mit dem Geld sollen rund 1,7 Millionen Kindern Mitgliedschaften in Schul-, Sport- oder Musikvereinen (10 Euro im Monat) oder Schulausflüge (30 Euro im Jahr) finanziert werden. 100 Euro gibt es zudem pro Jahr, um Schulmaterial zu kaufen. Auch Zuschüsse für Schulmittagessen und Nachhilfeunterricht können fließen.
Verwaltet werden kann das Bildungspaket von den Jobcentern oder den Kommunen, sofern diese das wollen. Die Verwaltungskosten werde man selbstverständlich ersetzen, sagte von der Leyen. Insgesamt gibt es dafür 135 Millionen Euro zusätzlich.
Auf Zustimmung stieß das Bildungspaket bei der CSU: "Ich freue mich, dass der Gutschein vom Tisch ist", sagte Bayerns Sozialministerin Christine Haderthauer. Doch Kommunen oder Jobcenter können weiterhin entscheiden, ob sie Gutscheine einsetzen, die Haderthauer als "diskriminierend" kritisiert. Zusätzlich gibt es die Möglichkeit von Direktüberweisungen, später soll es auch eine Bildungschipkarte geben. "Eltern können im Jobcenter den Mitgliedsantrag für den Fußballverein abgeben, das Jobcenter überweist das Geld an den Verein", erklärte von der Leyen die Direktüberweisung.
Sie will nun so schnell wie möglich Spitzengespräche mit den Bundestagsfraktionen und den Ländern führen, um "die großen Felsbrocken aus dem Weg zu räumen". Denn im Bundesrat - die letzte Sitzung findet in diesem Jahr am 17. Dezember statt - ist die Koalition auf die Stimmen der SPD angewiesen.
Die jedoch bleibt bei ihrem Nein zum Gesetzentwurf. Er reiche nicht aus, um Bildungsteilhabe von Kindern zu ermöglichen, sagte SPD-Vize Manuela Schwesig. Die SPD forderte ein Treffen zwischen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und dem SPD-Fraktionsvorsitzenden Frank-Walter Steinmeier.
Auch Linke, Grüne und Wohlfahrtsverbände kritisierten den Kabinettsbeschluss - nicht zuletzt wegen der für sie zu geringen Höhe des Regelsatzes. Erwachsene erhalten ab 1. Januar 364 Euro, 5 Euro mehr als bisher. Der Kinderregelsatz bleibt gleich. Er beträgt - je nach Alter - 215, 251 oder 287 Euro. Der Zeitpunkt der jährlichen Anpassung der Regelsatzhöhe wurde zudem vom 1. Juli 2011 auf den 1. Januar 2012 verschoben. Die Mehrkosten des Gesetzes belaufen sich für 2011 auf insgesamt 1,15 Milliarden Euro.
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