Kabinett beschließt Griechenland-Hilfe: Griechen bestreiken Sparprogramm
Die Bundesregierung hat die Milliarden-Hilfen für Athen auf den Weg gebracht. Die griechischen Gewerkschaften drohen derweil mit massiven Streiks gegen das Sparprogramm.
Berlin dpa | Die Bundesregierung hat die Milliarden-Hilfen für Griechenland auf den Weg gebracht. Wie aus Regierungskreisen verlautete, beschloss das Kabinett am Montag in Berlin den deutschen Anteil an den Notfall-Krediten von rund 22,4 Milliarden Euro. Am Freitag sollen Bundestag und Bundesrat per Eilverfahren zustimmen.
Insgesamt soll das vom Staatsbankrott bedrohte Griechenland bis 2012 Notfall-Kredite von bis zu 110 Milliarden Euro erhalten. Auf die Euro-Staaten sollen davon 80 Milliarden Euro entfallen, auf den Internationalen Währungsfonds (IWF) insgesamt 30 Milliarden.
Deutschland will sich allein in diesem Jahr mit 8,4 Milliarden Euro an dem Rettungspaket beteiligen. Das Geld für Athen wird als Kredit von der staatlichen Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) vergeben, der Bund bürgt dafür.
Zuvor hatten sich IWF, EU-Kommission und die Europäische Zentralbank (EZB) mit Griechenland auf ein umfangreiches Sparpaket mit drastischen Einschnitten für die Bevölkerung verständigt.
Die griechischen Gewerkschaften machen derweil mobil gegen das Regierungs-Sparprogramm zur Rettung des Landes von dem Bankrott und drohen mit massiven Streiks. Am heutigen Montag begann ein Streik bei der Müllabfuhr, am Dienstag und Mittwoch wollen zudem die Beamten in den Ausstand treten. Am Mittwoch will sich auch die Gewerkschaft der privaten Wirtschaft anschließen. Die Fluglotsen wollen dann den griechischen Luftraum für 24 Stunden komplett schließen.
Der griechische Staatspräsident Karolos Papoulias sprach sich unterdessen angesichts der Finanzmisere seines Landes dafür aus, Steuersünder zur Rechenschaft zu ziehen. Was aber die Griechen jetzt vor allem bräuchten sei "Soldidarität für die Schwächeren", fügte Papoulias hinzu.
Athens Regierungschef Giorgos Papandreou meinte, das Gefühl es gebe "eine breite Straflosigkeit", sei in den Bevölkerung verfestigt. Das könne nicht so weiter gehen. Wie die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden sollen, wollte Papandreou zunächst nicht sagen. Das Land bräuchte jetzt die breiteste mögliche Einwilligung in den Bereichen Politik aber auch der Gesellschaft, um die harten Sparmaßnahmen in die Tat umzusetzen. "Jetzt ist die Gelegenheit das Land zu modernisieren", sagte Papandreou weiter.
Etwas aufatmen konnten am Montag die griechischen Banken, nachdem die EZB bekannt gab, dass sie ab sofort griechische Wertpapiere als Sicherheiten für geliehenes Zentralbankgeld unabhängig von der Bewertung der Anleihen durch Ratingagenturen akzeptieren wird. "Endlich eine gute Nachricht", sagte der Direktor einer Bankfiliale der Piräus Bank in Athen der Nachrichtenagentur dpa.
Unterdessen wurde am Montag das Gesetz für das Stabilisierungs- und Wachtumsprogramm im Eilverfahren dem greichischen Parlament vorgelegt. Die Abstimmung soll voraussichtlich am Mittwoch stattfinden. Die regierenden Sozialisten verfügen über eine bequeme Mehrheit von 160 von 300 Abgeordneten im Parlament.
Griechenland will bis 2013 im Haushalt 30 Milliarden Euro einsparen. Das Haushaltsdefizit soll bis 2014 von derzeit 13,6 auf 3,0 Prozent reduziert werden. Darauf verständigte sich die griechische Regierung mit dem IWF, der EU-Kommission und der EZB.
Gemeinsam wollen sie mit 110 Milliarden Euro den Griechen unter die Arme greifen. Dies allerdings nur, wenn Experten der drei Institutionen alle drei Monate die Einhaltung der Sparversprechen prüfen können. Die Gewerkschaften rechneten aus, dass mit den Sparmaßnahmen der Regierung vor allem die Staatsbediensteten zwischen 20 bis 30 Prozent ihres Einkommens verlieren werden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Vor der Bundestagswahl
Links liegen gelassen
Spendenrekord im Wahlkampf
CDU bekommt fast zehnmal so viele Großspenden wie SPD
Evangelische Kirche im Osten
Wer will heute noch Pfarrer werden?
Mögliches Ende des Ukrainekriegs
Frieden könnte machbar sein
Debatte nach Silvester
Faeser und Wissing fordern härtere Strafen
Baerbock und Barrot in Damaskus
Kein Geld für „islamistische Strukturen“