Kabinett beschließt Awacs-Mandat: Ein "seltsamer Deal"

Als Ersatz für Libyen will das Kabinett Awacs-Einsätze am Hindukusch fliegen lassen. Die Abzugspläne sollen davon nicht beeinträchtigt werden.

Deutschland greift der Nato unter die Arme: Künftig sollen 300 Soldaten mehr an Awacs-Aufklärungsflügen in Afghanistan beteiligt sein. Bild: dapd

BERLIN taz | Einen "seltsamen Deal" nannte es der SPD-Außenpolitiker Hans-Ulrich Klose - jetzt ist es die offizielle Politik der Bundesregierung: Das Kabinett hat am Mittwoch beschlossen, das Mandat für den Einsatz in Afghanistan auszuweiten. Damit wird ermöglicht, dass sich deutsche Soldaten an Awacs-Aufklärungsflügen über dem Hindukusch beteiligen. Das Engagement in Afghanistan soll die Alliierten entlasten, die am Militäreinsatz in Libyen beteiligt sind. Am Freitag soll der Bundestag darüber abstimmen.

Das neue Mandat läuft bis Ende Januar 2012 und umfasst maximal 300 Soldaten, die bei den Flügen eingesetzt werden können. Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums sagte am Mittwoch allerdings, "wir gehen zunächst nicht davon aus, dass diese Grenze ausgeschöpft wird", sondern dass "deutlich weniger" Soldaten eingesetzt würden.

Momentan sieht das Bundeswehrmandat für Afghanistan eine Höchstgrenze von 5.000 Soldatinnen und Soldaten vor - sowie eine Reserve von 350 Personen. Der Awacs-Einsatz soll nun mit der Reserve abgedeckt werden, wie Regierungssprecher Steffen Seibert am Mittwoch in Berlin betonte. Laut Verteidigungsministerium gehe davon auch "ein deutliches Signal aus". Man komme mit der im aktuellen Mandat vorgegebenen Höchstgrenze aus.

Ein deutliches Signal dürfte dies aber auch an die Opposition sein, die sich zum Teil noch nicht auf ein Abstimmungsverhalten festgelegt hat. SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann sagte am Mittwoch, er halte eine Zustimmung für "denkbar", jedoch sei diese jeder und jedem Abgeordneten als Gewissensentscheidung selbst überlassen. Oppermann betonte jedoch, dass es keine Truppenaufstockung in Afghanistan insgesamt geben dürfe. Das ist nun erfüllt. In einer Probeabstimmung in der Fraktion am Mittwoch stimmten 19 Parlamentarier gegen das Mandat.

Ob die Überlegungen in die Entscheidung der Regierung, die Obergrenze nicht anzutasten, maßgeblich eingeflossen sind, ließ Regierungssprecher Seibert offen. Er sagte, die Bundesregierung habe für die anstehende Abstimmung im Bundestag "die Hoffnung, aber keine Gewissheit, möglichst breite Unterstützung zu erreichen".

Alle Parteien wird die Bundesregierung nicht überzeugen können, die Linkspartei hat sich gegen den Einsatz ausgesprochen. Die Fraktion lehne den "Krieg in Libyen und in Afghanistan" ab, sagte der Verteidigungsexperte der Linksfraktion, Jan van Aken, in Berlin. Eine Mehrheit ist bei der Abstimmung dennoch zu erwarten.

Die Soldaten werden im Rahmen des Mandates für die Erstellung von Luftbildern zuständig sein und Operationen der internationalen Schutztruppe in Afghanistan aus der Luft unterstützen. Weitere Aufgaben werden Kommunikations- und Datenaustausch sein und die Koordinierung von Luftbetankung. Die zusätzlichen Kosten betragen laut Verteidigungsministerium 8,8 Millionen Euro bis 2012.

Die höhere Anzahl der Soldaten im Rahmen des Mandats soll zunächst keine Auswirkungen auf die Pläne der Bundesregierung haben, bis Ende des Jahres den Teilabzug aus Afghanistan zu beginnen. "Es gibt die politische Absicht, eine Reduzierung vorzunehmen", sagte Regierungssprecher Seibert, ein Datum oder eine Anzahl zu nennen sei aber "verfrüht und unseriös". Diese Position vertritt die Bundesregierung seit dem Mandatsbeschluss im Januar.

Im Mittelmeerraum werden mittlerweile deutsche Streitkräfte, darunter Schiffe der Marine, zurückgezogen. Dies ist eine Folge der deutschen Haltung zum Beschluss der Nato zur Durchsetzung eines Waffenembargos gegen Libyen. Sie waren bisher im Mittelmeer an der Anti-Terror-Operation "Active Endeavour" beteiligt.

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