■ KURZMELDER: Sowjet-Filme
Auch in diesem Jahr wird es in Berlin sowie in sechs weiteren (ost)deutschen Städten Tage des sowjetischen Films geben. Progress-Filmverleih und der Verband der Film- und Fernsehschaffenden knüpfen damit an die Tradition der seit 1970 in der DDR veranstalteten Festivals des sowjetischen Films an, die vor allem 1987 und 1988 von der Zensur stark beschnitten worden waren.
Für Berlin (Kinos »International« und »Felix«) sowie für Potsdam, Dresden, Leipzig, Gera, Jena und Rostock wird ab 25. Oktober ein Programm mit Spiel- und Dokumentarfilmen der zurückliegenden drei Jahre angekündigt. Dazu gehören Eldar Rjasanows Vergessene Melodie für Flöte, eine Tragikomödie aus dem Beamtenleben, Sergej Bodrows in diesem Jahr bei der Berlinale preisgekrönter Streifen Freiheit ist ein Paradies und Kerib, der Spielmann, letztes Werk des kürzlich verstorbenen Regisseurs Sergo Paradshanow.
Im Programm sind weiter Unser Panzerzug von Michail Ptaschuk mit Michail Uljanow in der Rolle eines ehemaligen Lagerkommandanten, die Parabel um Macht und Gehorsam Der Diener von Wadim Abdraschitow — ebenfalls ein bei der Berlinale aufgeführter Film — und der 72 Jahre sowjetischer Geschichte bilanzierende Dokumentarfilm So kann man nicht leben von Stanislaw Goworuchin. In Berlin wird außerdem Koma vorgestellt, Debütfilm der jungen Regisseure Nijole Adomenaite und Boris Gorlow, der die Leidensgeschichte einer jungen Frau in einem Straflager der Stalin-Zeit erzählt.
Die Festivals des sowjetischen Films, jahrelang DDR-weit mit Protokollpomp und Filmen von unterschiedlichem Wert von den Offiziellen als willkommene Pflichtübung deutsch-sowjetischer Freundschaft gefördert, waren mit Beginn von Perestroika und Glasnost zunehmend argwöhnisch beobachtet worden. Nachdem 1987 gesellschaftskritische Streifen wie Abschied von Matjora von Elem Klimow und Die Vogelscheuche von Rolan Bykow beispielsweise große Zuschauerresonanz hatten, kam es ein Jahr später zum Eklat. Das 88er Programm unter anderem mit Das Thema, Die Kommissarin, Der kalte Sommer des Jahres 53..., Und morgen war Krieg und Spiele für Schulkinder erregte »allerhöchstes Mißfallen« unter anderem bei Volksbildungsministerin Margot Honecker und einigen SED- Bezirkschefs.
Nach dem Festival, über das die Presse nur spärlich informieren durfte, für das zum Teil normale Besucher keine Karten kaufen konnten und wo — zum Beispiel in Cottbus — einige Filme gar nicht aufgeführt werden durften, wurden alle Filme auf Weisung »von ganz oben« aus den Kinos genommen. Diese selbstherrliche Entscheidung stieß ebenso wie das 'Sputnik‘-Verbot auf heftige, von den Offiziellen nicht zur Kenntnis genommene Proteste. Erst am 2. November 1989 teilte der damalige DDR-Filmminister Pehnert mit, daß die fünf quasi verbotenen sowjetischen Filme »rehabilitiert« sind und wieder auf die Leinwand dürfen.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen