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KRONZEUGEN ALLEIN DÜRFEN NICHT ZUR VERURTEILUNG REICHENFortschritt in der Niederlage

Die Einführung einer allgemeinen Kronzeugenregelung ins Strafgesetzbuch gilt unter Bürgerrechtlern weithin als Niederlage. Doch ganz so einfach ist es nicht. Auch bisher gab es eine Belohnung für Angeklagte, wenn sie mit der Polizei zusammengearbeitet haben. Jetzt eröffnet sich die Chance, diese Praxis eindeutig zu regeln.

Zunächst ist die Kritik des Deutschen Anwaltvereins richtig: Eine Kronzeugenregelung lädt Angeklagte zur Manipulation ein. Denn wenn sie aussagen, was die Polizei gerne hören will, bekommen sie eine niedrigere Strafe. Und ein Angeklagter, der gar nicht so viel weiß, wie die Polizei von ihm zu erfahren hofft, kommt deshalb schnell in Versuchung, sein Wissen etwas anzureichern und auszuschmücken. Überflüssig sei eine neue Kronzeugenregelung, weil im Rahmen der Strafzumessung das kooperative Verhalten des Täters nach der Tat bereits heute strafmildernd berücksichtigt werde.

Doch das heißt auch, dass die Manipulationsgefahren, die der Anwaltverein für die geplante Vorschrift beschreibt, bereits heute bestehen. Schließlich ist es für einen „plaudernden“ Angeklagten kein allzu großer Unterschied, ob seine Strafe – so die Regelung heute – am unteren Ende des gesetzlichen Strafrahmens angesiedelt wird oder ob das Gericht den Strafrahmen – so die geplante Regelung – sogar unterschreiten kann. So oder so gilt die Botschaft: Gib uns Informationen, dann musst du nicht oder nicht so lange ins Gefängnis.

Wenn nun aber eine ausdrückliche gesetzliche Kronzeugenregelung erarbeitet wird, so sollten SPD und Grüne die Chance ergreifen, der bei allen – offiziellen wie inoffiziellen – Kronzeugen bestehenden Gefahr von Falschaussagen einen Riegel vorzuschieben. In der Strafprozessordnung sollte deshalb klargestellt werden, dass niemand allein aufgrund der Aussage eines Straftäters verurteilt werden darf, der zuvor in eigener Sache einen Strafnachlass als Belohnung für die Belastung anderer erhalten hat.

Im bisherigen Entwurf von Justizministerin Herta Däubler-Gmelin ist eine solche Sicherungsklausel noch nicht enthalten. Wenn es aber den Grünen gelänge, sie durchzusetzen, dann wäre das eine erfreuliche Entschädigung für ihren bisher wenig nachvollziehbaren Zickzackkurs in Sachen Kronzeugenregelung. CHRISTIAN RATH

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