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KREBS IM KNAST

■ Krebskrankem Gefangenen wird die Nachfolgetherapie verwehrt

Vor einem Jahr erfuhr ich hier in der JVA Bremen, daß ich Krebs habe. Es folgte, dringend angeraten vom Arzt, eine Unterleibsoperation, die im Krankenhaus Lingen stattfand, mit dem Bremen angeblich Verträge unterhält. Es ist allgemein bekannt, daß wenn man einmal davon betroffen ist/war, dann weiterhin als höchst krebsgefährdet gilt (medizinisch erwiesen). Nebenbei bemerkt: Mein Onkel ist vor zwei Jahren an Krebs gestorben, meine Cousine vor einem Jahr, auch an Krebs.

Seit der Operation versuche ich nun an einer Krebsnachsorgetherapie teilnehmen zu können. Von verschiedenen Ärzten hier in der JVA wurden mir merkwürdige Diagnosen gestellt. Der eine Arzt meint, die Unterleibsschmerzen kämen vom Rücken, ein anderer meint, sie kämen vom Magen. Der Urologe meint von der Blase. Gemacht wurde praktisch nichts.

Ich schrieb dem Leiter einer Krebsklinik in N., einem Professor, um Unterstützung für meinen Antrag auf die Teilnahme der Krebsnachsorgetherapie zu erhalten, die von der „Interessengemeinschaft der Krebsnachsorge des Landes Bremen e.V.“ durchgeführt wird. In dem Antwortbrief schreibt der Professor, daß es mir auch in der Haft ermöglicht werden sollte, an einer Therapie teilnehmen zu können, weiter, daß eine konsequente Therapie auch gute Heilchancen ermöglicht. Unterstützt von diesem, habe ich nun beim Anstaltsleiter einen Antrag für eine Therapie gestellt. Auch die Einladung der Interessengemeinschaft der Krebsnachsorge des Landes Bremen lag vor. Der Antrag wurde abgelehnt.

Ich schrieb nun auch einem Prof.Dr.med.Dipl.Psych. einer Uniklinik, der sich speziell mit der Krankheit Krebs befaßt. Er schrieb mir: „(...) Ich halte es für sehr wichtig, daß auch Sie trotz der Gefängnishaft eine Möglichkeit erhalten, mit den schwierigen seelischen Problemen fertig zu werden, die sich durch die Krebserkrankung ergeben. Krebsnachsorgemaßnahmen gehören heutzutage zum selbstverständlichen Behandlungsprogramm bei Krebserkrankungen. Ich möchte Sie daher dabei unterstützen, diesem Anliegen Nachdruck zu verleihen. (...)“

(...) Einem erneuten Antrag fügte ich eine Kopie dieses Schreibens bei. Der Antrag wurde wieder abgelehnt. Der Grund war nichtig und wurde mir beiläufig nur mündlich mitgeteilt. (...) Ich sehe keinen Ablehnungsgrund bei dieser gefährlichen Krankheit, der die Ablehnung der Therapie rechtfertigt. Die Schreiben der Professoren wurden total ignoriert. Sind denn ärztlich medizinische Erkenntnisse, hier vertreten durch zwei Professoren, nichts wert. Es ist erwiesen, daß Krebs in der Hauptsache auf psychische Probleme etc. zurückzuführen ist. (...)

Mit der Ablehnung hat die Anstalt nun die Verantwortung über Folgeschäden indirekt übernommen, die im Therapiefall sicher zur Früherkennung gekommen wären. Trotzdem nimmt mir das die Angst nicht. Wer kann mir auf dem Weg zu einer Therapie weiterhelfen, wer mich durch Bekundungsschreiben unterstützen? (...)

Axel, Bremen 21

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