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KÖNIGIN: Germaine de Stael "Rettet die Königin! Aufruf zur Verteidigung von Marie-Antoinette und andere Dokumente zur Französischen Revolution"

Am 16. Oktober 1793 wurde Marie Antoinette hingerichtet. Ein paar Wochen davor veröffentlichte Madame de Stael einen Aufruf zur Verteidigung der Königin. Er liegt jetzt erstmals auf deutsch vor. Ruth Schirmer hat ihn zusammen mit einer Reihe von Briefen der Germaine de Stael übersetzt und herausgegeben. Wer einen politischen Text erwartet, wer glaubt, daß hier Für und Wider abgewogen werden, täuscht sich. Es ist eine Kampfschrift, ein Pamphlet, ein Büchelchen, an dem sich zeigen ließe, wie sehr Aufklärung und Empfindsamkeit zusammengehören. Madame de Stael klagt Gefühle ein. Sie erinnert an die Liebe, die die Pariser der jungen Königin entgegenbrachten: „Die rauschhafte Begeisterung der Franzosen, als sie ihrer ansichtig wurden, war unbeschreiblich; das Volk empfing sie nicht nur wie eine angebetete Königin, sondern man schien ihr danken zu wollen, daß sie entzückend war und daß ihre zauberhafte Anziehung sich nicht nur dem sie umgebenden Hof, sondern auch der Menge mitteilte.“ Ein schönes Zitat, denn um mehr Partizipation ging es ja auch der Menge von 1793. Beigegeben sind der Broschüre die Briefe, die Madame de Stael an ihren Freund, den Grafen von Narbonne schickte. Eine gestenreich inszenierte Liebesgeschichte mitten im Europa der Französischen Revolution. Der Graf versucht die Monarchie zu retten, betätigt sich als Verschwörer, mobilisiert an den europäischen Höfen; die Freundin unterstützt ihn hier, hält ihn dort zurück. Dazwischen kleine Sottisen, die man gerne bei passender Gelegenheit verwenden würde: als sie für sieben Uhr früh zu einer Audienz bei den neuen Machthabern gebeten wird, nennt sie das „eine reichlich demokratische Zeit“.

Germaine de Stael, Rettet die Königin! Aufruf zur Verteidigung von Marie-Antoinette und andere Dokumente zur Französischen Revolution, übersetzt und herausgegeben von Ruth Schirmer, Manesse-Bücherei, 134 Seiten, 16,60 DM

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