KORRUPTION MACHT’S MÖGLICH: IM LAND DER GEISTERWIRTSCHAFT : Der große Spuk
VON SIMONE SCHLINDWEIN
Man könnte meinen, man lebt in Uganda in einem Geisterland: Geisterkinder werden in Schulen von Geisterlehrern unterrichtet, Patienten in Geisterkrankenhäusern von Geisterschwestern behandelt, Rebellen von Geistersoldaten bekämpft. Fast täglich titeln ugandische Tageszeitungen neue Geisterverschwörungen. Sogar Geisterfahrräder sollen in manchen Dörfern jetzt durch die Gegend fahren.
Die wachsende Korruption ruft in Uganda stetig neue Geister hervor. Es ist ein ausgefeiltes System, mit welchem sich jede Menge Geld machen lässt. Man muss nur im Verwaltungsapparat ein paar Zahlen auf den Gehaltslisten fälschen, und schon spukt es überall.
Die Buchhaltung des zentralen staatlichen Krankenhauses Mulago musste bei der verzweifelten Suche nach Einsparmöglichkeiten feststellen: Monatlich werden Löhne an 84 Krankenschwerstern ausbezahlt, die gar nicht angestellt wurden. Der Behörde, die Medikamente an Kliniken verteilt, fiel jüngst auf, dass jahrelang Medizin an über 100 ländliche Gesundheitszentren ausgeliefert wurde, die gar nicht existieren. Doch all diese Gesundheitszentren hatten auf dem Papier Pfleger eingestellt, Wasser und Stromrechnungen bezahlt. Eine vor zwei Jahren ins Leben gerufene Untersuchungskommission des Gesundheitsministeriums besuchte 140 Kliniken landesweit und stellte fest: 88 Prozent des Personals war nicht auf seinem Posten, obwohl sie monatlich bezahlt werden. Dabei klagten 65 Prozent der Kliniken über Personalmangel. Wie kann das nur sein?
Zufall oder nicht? In der Regel passieren diese Geisterskandale genau in den Sektoren, die von internationalen Geldgebern finanziert werden. Das gilt auch für den Bildungssektor, der stark von europäischen Hilfsgeldern unterhalten wird.
Aber auch die Armee hat Geistersoldaten in einen Geisterkrieg geschickt. Schon 2003, also noch während des zweiten Kongokrieges, in welchem ugandische Truppen im Nachbarland systematisch Rohstoffe plünderten, setzte Präsident Yoweri Museveni einen Untersuchungsausschuss ein.
Jahrelang nahm er die Soldlisten unter die Lupe – und fand am Ende 3.000 nicht existierende Soldaten. Diese kosteten den Staat pro Jahr umgerechnet 19 Millionen Euro. Kein Wunder, dass man die nordugandische Rebellen der LRA (Widerstandsarmee des Herren) unter Joseph Kony niemals zu fassen bekommt, wenn man Geistersoldaten in den Krieg schickt.