KOMPROMISS IN MAZEDONIEN WIRD ESKALATION NICHT VERHINDERN: Nato muss Frieden erzwingen
Die Verhandlungen zwischen den politischen Parteien der slawischen Mazedonier und der Albaner sind offenbar abgeschlossen; Friede ist aber keineswegs in Sicht. Die Spirale der Gewalt dreht sich weiter, nachdem albanische Rebellen zehn Polizisten ermordeten, die slawischen Mazedonier mit pogromartigen Ausschreitungen reagierten, ein weiterer Polizist getötet wurde und nun erneut nach Vergeltung gerufen wird. Die Eskalation ist von den politischen Institutionen des Landes nur noch mit größter Anstrengung zu verhindern. Ohne Hilfe von außen geht das nicht mehr.
Slawisch-mazedonische Nationalisten betrachten den ausgehandelten Kompromiss als Niederlage. Auf die verachteten Albaner zuzugehen verletzt ihr Selbstverständnis. Mazedonien ist „ihr“ Staat, kein multikulturelles Gebilde, das auf Toleranz aufbaut, wie man hierzulande anzunehmen scheint. Indem alte Moscheen in Flammen aufgehen, zeigen die slawischen Mazedonier zudem, dass es nicht mehr um einen „Kampf gegen den Terrorismus“ geht. Die politischen Parteien sowie Staatspräsident Trajkovski sind in ihren Augen „Verräter“ an der „Nation“. Das Schema ist aus den vorausgehenden Kriegen bekannt.
Bei den Albanern sieht es zwar scheinbar besser aus. Doch sind ihre Parteien in Wirklichkeit nur noch der verlängerte Arm der UÇK-Rebellen. Der größte Teil der männlichen albanischen Bevölkerung ist für den Krieg mobilisiert. Noch gilt die Strategie der Führung, die Verhandlungsergebnisse im Prinzip zu akzeptieren. Einige Provokationen aber können genügen, um zum offenen Krieg zurückzukehren.
Die internationale Gemeinschaft muss sich an den Gedanken gewöhnen, dass es keine Frieden erhaltende Intervention geben wird. Wenn die Nato wirksam eingreifen will, dann muss sie zu einer Frieden erzwingenden Intervention bereit sein – mit allen Risiken, die dies birgt. Dabei geht es nicht mehr vordringlich um die Entwaffnung der UÇK, sondern um die Erhaltung eines Umfeldes, in dem politische Kompromisse noch erzielt werden können. ERICH RATHFELDER
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